Das ZDF zeigt an zwei Tagen mit “Chinas Grenzen“ eine spektakuläre Dokumentation ihres Korrespondenten Johannes Hano über das Reich der Mitte.

Wie groß ist China? 27-mal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland, das meiste an diesem Territorium ist selbst Chinesen unbekannt. Der ZDF-Korrespondent für Ostasien, Johannes Hano, hat jetzt ein gewagtes Filmprojekt realisiert: 20 000 Kilometer ist er gefahren, sechs Monate lang, um die Grenzen des gewaltigen Vielvölkerreichs zu erkunden.

Er und sein Team waren an der Grenze zu Russland am Ussuri, wo sich chinesische Fischer und russische Wasserschutzpolizisten einen heftigen Kampf um den Lachsfang liefern. Am Ende stellt sich heraus: Die Chinesen fischen auch während der Schonzeit, nur ist da die Lizenz deutlich teurer. Man begibt sich auf die Spur der letzten Amur-Tiger und findet einen Mann, der von einem solchen Koloss angegriffen wurde und das überlebte - Kollateralschaden im Kampf um Raum zwischen Naturschützern und Bauern. Am Grenzfluss zu Nordkorea erlebt man offenen Schmuggel in das bitterarme Land, der von Grenzschützern beider Seiten geduldet wird.

Hano durchquert grandiose Landschaften, etwa im südwestlichen Yunnan, wo sich in den Bergen Richtung Tibet eine kleine katholische Gemeinde eingerichtet hat. Oder später in der Badan-Jilin-Wüste oder in der Inneren Mongolei. Und er findet die Überbleibsel eines hartnäckigen Konflikts auf der taiwanesischen Insel Kinmen, die drei Kilometer vor der Küste der Volksrepublik liegt und im Kreuzfeuer von Geschützen und Propagandisten lag.

Überall wird der Reporter aus Deutschland mit seinem Team freundlich empfangen, nur ganz offen erzählt fast niemand, wie er das Verhältnis der Grenzbewohner zu China einschätzt - zu viele Kontrolleure und offizielle Übersetzer hören mit. Sichtbar wird allerdings schon, dass fast alle in dem selbst erlebten Zeitraum, den sie mit heute vergleichen können, Verbesserungen ihrer Situation spüren und ihre Hoffnungen nicht mehr auf ein weit entferntes Amerika, sondern auf China setzen. Die Dynamik der chinesischen Wirtschaftsentwicklung entfaltet eine enorme Sogkraft. Alle wollen, dass die junge Generation Chinesisch lernt, um ihre Chancen in der neuen Gesellschaft zu vervielfachen.

Immer wieder macht das ZDF-Team die Erfahrung ängstlicher Bewacher. Vermuten sie Spione in den Journalisten? Oder ist es einfach Unerfahrenheit im Umgang mit ausländischen Medien? Hano sagt: "Man muss sich einfach Schritt für Schritt vorwagen. Heute brauchen wir schon keine Erlaubnis mehr dafür, Peking zu verlassen, müssen aber hin und wieder schon noch darüber diskutieren, dass wir unser Material nicht der Zensur vorlegen wollen - was dann auch geklappt hat. Der Ton ist meistens viel weniger ruppig als noch vor ein paar Jahren." Manchmal kochten die Bewacher sogar für "ihre" Journalisten.

Die Grenzlinie zwischen erlaubt und verboten verlief nicht selten entlang solcher Entscheidungen wie: Können die Bilder den Tourismus in abgelegenen Regionen fördern? Oder bekommen die Aufseher Schwierigkeiten, weil jeder Vorgesetzte so offenherzig denkt? Johannes Hano und seine Kollegen haben sich durchgekämpft, sie haben Tage und Nächte im Ungewissen verbracht, in einer Wildnis, in die nur selten ein Reporterteam vordringt, egal aus welchem Land. Auf diese Weise haben sie erstaunliche Bilder eingefangen, weitab vom Bauboom in den Städten und dem Glanz der Shoppingcenter. Sie waren in Kashgar in Xinjiang und bei den Tadschiken, sie haben den Grenzübergang nach Pakistan besucht (den höchsten der Welt), waren in der Inneren Mongolei und haben die Badan-Jilin-Wüste durchquert.

Am Ende gelingt es ihnen noch, einen jungen, verbotenerweise gefangenen Adler vor dem Kochtopf zu retten, wieder aufzupäppeln und ihn in die Freiheit zu entlassen - ein hoch emotionaler Moment, den man mit vielen Hoffnungen verbinden kann. Sie haben eine schwere Lebensmittelvergiftung an der Grenze zu Vietnam überlebt, Mücken-Myriarden in den Steppen, kaputte Kameras und auch improvisieren müssen, wenn die Wüste Gobi dann doch auf 1800 Kilometern weiträumig umfahren werden musste.

Das Ergebnis sind zwei sensationelle 45-Minuten-Filme voller bislang ungesehener Bilder, die das ZDF leider erst zu später Stunde im Programm untergebracht hat.

Chinas Grenzen Di 4.1., 22.45 Uhr, und Do 6.1., 23.00 Uhr, ZDF