Nur noch wenige Vorstellungen von Elfriede Jelineks “Die Kontrakte des Kaufmanns“

Thalia-Theater. Es wird nicht mehr viele Gelegenheiten geben, Elfriede Jelineks sprachgewaltiges Wirtschaftsoratorium "Die Kontrakte des Kaufmanns. Eine Wirtschaftskomödie" zu erleben. Heute wäre also eine gute Gelegenheit. Sehen muss man es. Auch wenn die Wirtschaftskrise gefühlt für viele schon überstanden, die aktuelle kulturpolitische Notlage vertagt ist, die Ansichten, die Frau Jelinek über die Logik des Geldes, das Elend der Kleinanleger, Gläubiger, Gläubige und Gott durch ihre Textmaschine jagt, sind lohnenswert und absolut zeitlos.

Mit ihrem Lieblingsuraufführungsregisseur Nicolas Stemann hat sie einen echten Könner gefunden, der bereits "Das Werk" und "Ulrike Maria Stuart" in einen Mix aus offenem Drama und Konzertperformance übertragen hat. In den "Kontrakten" bemächtigen sich zwölf Schauspieler und Musiker, unter ihnen Maria Schrader und Sebastian Rudolph, des wuchernden Textmaterials, das die Autorin unermüdlich aufs Neue aktualisiert. Dabei entfachen sie eine eindrucksvolle Assoziationslawine. Sie verbrennen Geld und zaubern auf Basis der Melodie von Falcos "Jeanny" den Bankenschlager: "Lehman, Du hast das Geld verloren". Sehr apart. Selten wurde die Krise so diskurslastig clever und dabei gleichzeitig so erheiternd verpackt. Eine digitale Anzeige zählt von 99 Textseiten herunter bis auf null. Man weiß also, wo man steht. Individuelle Verschnaufpausen sind bei dem auf dreieinhalb Stunden angelegten Werk ausdrücklich erwünscht.

Die Kontrakte des Kaufmanns. Eine Wirtschaftskomödie heute, 19.00, Thalia-Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, Karten von 7,- bis 35,- unter T. 32 81 44 44 oder unter www.thalia-theater.de