Ein umfangreiches Buch würdigt 100 Stifter der Hansestadt

Hamburg. Bei der Thalia-Jubiläumsfeier sorgte der ehemalige Erste Bürgermeister Henning Voscherau vor Kurzem mit einem launigen Zitat des Konzern-Magnaten Flick für einen Lacher. Es ging um das finanzielle Engagement gut situierter Kultur-Liebhaber: "Die erste Generation baut auf, die zweite baut aus, die dritte studiert Kunstgeschichte."

Dass Kunstsinnigkeit sich auch anders und dennoch zum Wohle des Gemeinwesens erreichen lässt, ist in keiner anderen Stadt so deutlich erkennbar wie in der deutschen Stiftungs-Hauptstadt Hamburg. Viele der rund 1200 Stiftungen springen hier insbesondere in Sachen Kultur tat- oder finanzkräftig ein, wo der Staat nicht mehr geben kann - oder will. Aktuelle Beispiele dafür gibt es reichlich, da das Rathaus den Kultur-Etat nach wie vor auf ein vergleichsweise niedriges Niveau eindämmt.

Einige Stiftungen und Fördervereine sichern Fundamente des kulturellen Angebots, andere ermöglichen Exklusives, Bahnbrechendes, Avantgardistisches oder Eigenwilliges. 100 von ihnen werden nun in einem Buch gewürdigt, das die Elsbeth-Weichmann-Gesellschaft herausgegeben hat.

Zum Charakter der Hansestadt passt es, dass der Autor des Vorworts kein Kulturschaffender ist, sondern seinen Schreibtisch in der Handelskammer hat. Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer des wirtschaftlichen Machtzentrums neben dem Rathaus, betont die Ausdauer, mit der hiesige Unternehmen sich für die Kultur stark- und je nach Gusto auch ein klein wenig ärmer machen. Schließlich wäre jede große Institution der letzten Jahrhunderte, angefangen bei der Gänsemarkt-Oper, ohne bürgerschaftliches Engagement mit barer Münze undenkbar und unrealisierbar geblieben.

Nach einer Auflistung der bisherigen KulturMerkur-Preisträger seit 1999 folgt das Kernstück des Kompendiums, der Überblick über die lokale Förder-Szene, begleitet von einem Aufsatz, in dem Friedrich Look vom hiesigen Institut für Kultur- und Medienmanagement eine kompakte Lektion über die Unterschiede zwischen Sponsoren, Förderern und Mäzenen gibt.

Den Empfängern dieses Wohlwollens - ob nun ideell oder in bar - können solche Details oft egal sein. Sie wissen, dass sie sich im Zweifelsfall oft besser auf private Unterstützer verlassen können als auf die Politik, deren Vorzeichen und Vorlieben mitunter schnell und dramatisch wechseln. Und dass privates Engagement ein bleibender Wert sein kann, wusste schon ein Voscherau-Vorgänger, der 1842 verstorbene Erste Bürgermeister und Sparkassen-Gründer Amandus Augustus Abendroth: "In Hamburg fängt alles, wie die Erfahrung mit glücklichem Erfolge zeigt, bei Privatpersonen an."

"100 Streifzüge. Private Förderung im Hamburger Kulturleben", KMM Verlag, 256 S., 14,90