Weihnachtslieder mal ganz anders, bitte!

Es gibt Menschen, die mögen Weihnachten. Und zwar so ziemlich alles daran. Die freuen sich, dass schon im September die leckeren Pfefferkuchen wieder an der Discounterkasse liegen und Schoko-Osterhasen erfolgreich zu Weihnachtsmännern umgeschmolzen wurden. Die stören sich nicht an schockbeleuchteten Hausfassaden, die den Eindruck vermitteln, der Besitzer habe beim Netzbetreiber seines Vertrauens einen All-you-can-verbrauchen-Vertrag abgeschlossen und wolle den bis zur letzten Kilowattsekunde ausschöpfen. Und, vielleicht das Erstaunlichste, die lieben Weihnachtslieder.

Nicht so sehr die gebetsmühlenartige "Last Christmas"-Beschallung, die ihren Komponisten George Michael auf alle Zeiten mit mehr Pfundnoten versorgt, als er je in Coffeeshops ausgeben kann. Eher richtige Weihnachtslieder, also "Stille Nacht, heilige Nacht", "Es ist ein Ros' entsprungen" oder "Ihr Kinderlein kommet". Nicht dass die Weihnachtsfans diese Lieder in den Wochen vor Heiligabend ständig selbst singen wollen, aber als Hintergrundbeschallung werden die sanften Weisen gern genommen. Und zur Bescherung darfs dann auch gern ein bisschen lauter sein.

Wenn aus friedliebenden Humanisten radikale Weihnachtshasser werden

Doch wie das so ist: Was den einen freut, treibt den anderen schier in den Wahnsinn, macht aus sonst friedliebenden Humanisten radikale Weihnachtshasser, die am liebten mit dem Vorschlaghammer all jene Kofferradios und Kompaktanlagen zerlegen würden, aus denen der immer gleiche Singsang dringt. "Aber es ist doch jetzt die Zeit dafür", verteidigen Anhänger traditionellen Liedguts gern ihre, gelinde gesagt, polarisierende Vorliebe. Stimmt. Einerseits. Anderseits gibt's aber jede Menge Alternativen, die zwar eine gewisse Festlichkeit im Titel tragen, dann aber doch die Ohren von all dem triefenden Seligkeits-Schmalz freiblasen.

Wie wäre es zum Beispiel mal mit "Acid Christmas", einem 150-Beats-per-Minute-Angriff auf Klassiker wie "Jingle Bells" oder "Santa Claus Is Coming To Town"? Netter Nebeneffekt: Wenn DJ Demonixx oder Beat Dominator an den Reglern stehen, sind die durchgenudelten Originale kaum noch zu erkennen. Ähnliches gilt für das "Metal X-Mas"-Doppelalbum, auf dem Feierbiester wie Alice Cooper, Lemmy, Ronnie James Dio und Girlschool zum Angriff auf den Weihnachtsmann blasen. Da lässt sich sogar ein "Little Drummer Boy" ohne akutes Ohrbluten durchstehen. Etwas milder, aber kaum weniger kurios: der "Surfing Christmas"-Sampler mit sonnendurchfluteten Surfrock-Versionen. Da meint man geradezu, die perfekte Welle im Hintergrund heranrauschen zu hören - was in Zeiten von Blitzeis und Schneeverwehungen für vieles entschädigt.

Nicht schräg genug? In diesem Fall könnte das "Punk X-Mas"-Album eine perfekte Wahl sein. Immerhin wird mit Klassiker-Bearbeitungen wie "Fuck Christmas", "Homo Christmas" oder "Daddy Drank Our X-Mas Money" recht deutlich Stellung in Sachen Fest der Feste bezogen.

Zu radikal? Nun gut, dann heißt es jetzt einander die Hand reichen und auf Qualität setzen. Zum Beispiel auf die eines James Brown, der sich im Rahmen seiner "Funky Christmas"-Extravaganza durch sexy Hormonbomben wie "Christmas Is Love" oder "Soulful Christmas" schwitzt. Da wird aus der heiligen eine verdammt heiße Nacht.

Früher war alles besser, heißt es ja gern. Und in Sachen Weihnachten meint das: weniger Kommerz, mehr Besinnlichkeit. Musikalisch betrachtet macht die Verklärung der Vergangenheit allerdings wenig Sinn, denn noch vor zehn Jahren gab's so kurz vor dem Fest keine Alternative zum Ewiggleichen. Heute reicht ein Mausklick und die 08/15-Beschallung ist Geschichte. In diesem Sinne: Gesegnetes Fest!

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