Hamburg. Gustav Mahler selbst sind Respekt und Verwunderung anzumerken, wenn er über das schreibt, was dann seine Dritte Sinfonie wurde. "Das ist weit, weit über Lebensgröße", schrieb er, und: "Die ganze Natur bekommt darin eine Stimme und erzählt so tief Geheimes, was man vielleicht im Traume ahnt!" Das legt die Messlatte für eine Aufführung hoch und fordert einen vielfach unterteilten, nie erlahmenden Spannungsbogen, der es tragen kann. Simone Young und die Philharmoniker Hamburg machten sich daran, die kosmischen Vibrationen in Mahlers 1893 bis 1896 entstandener Musik aufzuspüren - ein Konzert im Rahmen des Projekts "Mahler in Hamburg".

Forsch ging man den gewaltigen ersten Satz an ("Kräftig, entschieden"), eine 30-minütige Collage aus munter wuchernden Klangbildern, Volksliedern, Märschen, Fanfaren, deren überwältigender Schluss prompt Zwischenapplaus heraufbeschwor. Handwerklich war das sauber gespielt wie auch die beiden nächsten Sätze, sieht man von einigen Ansatzproblemen im stark geforderten Blech ab. Simone Young hatte den Riesenapparat gut im Griff, konnte diese Ebene aber nur selten verlassen und die Teilstücke geistreich und ahnungsvoll aufeinander beziehen. Gänsehaut, atemlose Faszination wollten auch im Altsolo des vierten Satzes ("Sehr langsam. Misterioso. Durchaus ppp") nicht aufkommen. Dazu blieb Lilli Paasikivis Alt zu geheimnisfrei und wurde mehrfach instrumental fast zugedeckt - so fand der seelennächste Satz die schmerzlichen Tiefen, die Nietzsches Text so großartig raunt.

Dann die Steigerung: "Lustig im Tempo und keck im Ausdruck" kam der fünfte Satzes mit den Damen des NDR-Chors, des Staatschors Latvija und den Alsterspatzen daher. Und ein versöhnlicher Schluss, in dem die verschenkten Gefühle vom Beginn intensiv und zu Herzen gehend ausmusiziert wurden. Riesiger Applaus.

Takemitsus "Signals from Heaven", zwei kurze Fanfaren hatten das Konzert eröffnet - und Erwartungen geweckt, die bei Mahlers Riesenwerk nur teilweise eingelöst wurden.