Hamburg. Die eigene Orientierungslosigkeit auf der Bühne auszustellen verlangt Mut. Bei der Regisseurin Angela Richter ist es der Mut der Verzweiflung. Ihre Inszenierung von Jon Fosses "Tod in Theben" rammte die Kritikerriege bei den Salzburger Festspielen ungespitzt in den Boden.

In ihrer nun zum "Ödipus Antigone Komplex" überarbeiteten Version sehen wir auf Kampnagel Melanie Kretschmann mit Hornbrille, Jeanshose und Karohemd als Double der verbal Geohrfeigten durch den bunten Lampenwald von Katrin Brack irren. "Ich kann keine allgemeingültigen Aussagen treffen im Theater", presst sie hervor. "Ödipus hat nicht die Probleme, die ich habe." Das erheitert die Anwesenden. Es ist der Versuch einer Erklärung des Scheiterns nach dem Schock.

Richter zieht den antiken Stoff frei nach Fosse nun ganz auf den Boden des Realen. Ihre Darsteller, etwa Yuri Englert als Ödipus und Oana Salomon als Iokaste, bringen sich in "Monozustände" der Angst, des Drogenrausches, der sexuellen Lust und des Katers bis kurz vorm Erbrechen. Christoph Theußl darf als "Chor" mal so richtig über den großen Chor-Regisseur Einar Schleef wettern. Es hilft natürlich letztlich nichts. Was einmal vermurkst ist, ist vermurkst. Aber mutig ist es doch. Wohlwollen und Respekt unter den Besuchern spürbar. Vielleicht wollte sich Angela Richter auch einfach nur Trost aus ihrer alten Heimat abholen.