Die “Nacht der Countertenöre“ ist ein spannendes Kräftemessen

Hamburg. Wenn verschiedene Sänger aus dem gleichen Stimmfach zusammen auftreten, lebt das Ganze auch vom Reiz des Wettstreits. So wie bei der "Nacht der Countertenöre" im Rahmen der NDR-Reihe "Das alte Werk". Da war eine international besetzte Konkurrenz mit vier männlichen Altisten am Start - und die bescherten den Besuchern der Laeiszhalle, begleitet vom Kammerorchester I Barocchisti, ein spannendes vokales Kräftemessen.

Den Anfang machte der Ukrainer Juri Minenko: Ein etwas hüftsteif wirkender junger Mann, der sich erst eine Arie lang warmsingen musste, dann aber, in Vivaldis "Sposa son disprezzata", mit feminin weichem Timbre und exzellenter Höhe punkten konnte.

Ganz anders sein deutscher Kollege Matthias Rexroth, dessen Stärken weniger in den Spitzentönen als in der Sprachgestaltung liegen: Bei den Rezitativen und Arien von Bertoni und Vivaldi erzählte er lebendige Geschichten von Orpheus oder dem rasenden Ritter Roland.

Der Spanier Xavier Sabata - ein Hüne mit Kahlkopf und Vollbart - hat eine deutlich dunklere, deshalb weniger durchschlagskräftige, aber eben auch wärmere Stimme. Seine anrührende Interpretation von Händels "Voi che udite" hätte zum Höhepunkt werden können, wäre da nicht die Oboe gewesen, die gleich zweimal an einer empfindlichen Stelle dazwischengrätschte.

Ohnehin wirkten die Barocchisti - die kurzfristig ohne ihren Leiter Diego Fasolis auskommen mussten - nicht bei allen Stücken sattelfest. Ihr allzu forsches Tempo in Händels "Salda quercia" hätte auch beinahe den bekanntesten Sänger des Konzerts, Max Emanuel Cencic, bei den Koloraturen aus der Kurve getragen. Der kroatische Countertenor stellte hier definitiv den Geschwindigkeitsrekord auf und formte in Sartis "Lungi da te" eine wunderbare Liebesklage, kam dafür aber in der Höhe nicht ohne Schärfen aus.

Dass die vier Sänger am Schluss für einige Duette und Quartette noch als Team aufliefen und ihren Mannschaftsgeist zeigten, war zwar eine schöne Idee - offenbarte aber auch Abstimmungsprobleme. Da wäre wohl noch eine gemeinsame Trainingseinheit nötig gewesen.