Es ist absurd zu glauben, ich würde diese Stadt nach nur fünfzehneinhalb Jahren kennen. Denn da sind Mauern, die Hamburg längs und quer zerstückeln - sie sind gebaut aus Wasser, Stahl und Asphalt (und oft auch aus Vorurteilen); sie machen aus der großen Torte Hamburg ein Kuchenbüfett mit zig verschiedenen Teilchen. Das eine schmeckt nach Sahne, nebenan schon nach saurer Gurke. Die Mauern heißen Alster oder Elbe, Gärtnerstraße oder Fruchtallee; sie sind Schienen, Fleete oder Hochbrücken, die ein Straßengeviert zur Insel im Großstadtmeer formen.

Diese heimlichen Trennlinien, die jeder intuitiv spürt, aber selten benennt, führen zum Beispiel dazu, dass ich viel zu selten im "Osten" bin. Wandsbek, Dulsberg, wieso gehe ich auf der anderen Alsterseite eigentlich nie essen, nur zum Zahnarzt? Warum ist Harburg gefühlt so weit weg wie Hildesheim oder Schnelsen schon "Land", obgleich es zu Eimsbüttel gehört? Und Blankenese die Sommerfrische, in die es mich nur im August zum Halbtagsurlaub zieht? Denke ich an "Hamburg", kreisen meine Gedanken oft innerhalb "meiner" Mauern; die Außenposten am mentalen Limes heißen Hadleys, Zum Grindelhof und Logo; alles über zehn Minuten Fußweite ist "drüben", ist schon ein Ausflug, ist fremdes Land. Mit eigenen Miteinandergesetzen, Kleidernormen, ja, sogar eigener Mentalität.

Einst habe ich Hamburg als Einheit empfunden; als Frau, Ende dreißig, sexy im Dufflecoat, zupackend, eigensinnig - eine Mixtur aus Piratin und Lady, aus Heidi Kabel und Jil Sander. Aber sie ist eher ein ganzer Frauenkongress! Mit Hunderten von Stimmen, tausendmal ein anderes Hamburg in Hamburg. Ein gewählter Dirigent dieses Chors sollte diese Sprachvielfalt nie vergessen.

Weihnachtlich komisch: "Und Jesus sprach: Macht was mit Hasen". Ein Abend mit Grimmepreisträger Tommy Krappweis, Mi 15.12., 20.00, Sprechwerk (U/S Berliner Tor), Bürgerweide 12f, Vvk. 12,-/Ak. 15,-, Tickethotline 0180-50 40 300