Das brillante Indie-Duo Tamaryn spielt heute im Indra

Indra. Es gibt Musiker, die sind am liebsten allein. Und wenn sie schon mal raus müssen, auf eine Bühne gar, dann starren sie verschüchtert auf ihre Schuhe, während sie Gitarrenriff auf Gitarrenriff schichten und gelegentlich das Effektpedal durchtreten. Shoegazer nennt man diese Spezies, und die Geschichte der Indie-Szene ist voll von ihnen. Von jungen Menschen, die mit ihren Bands Monolithe des melancholischen Wohlklangs erschaffen, oft Instrumentals, manchmal auch mit sphärischem Gesang veredelt. Mazzy Star war so eine Band, Spaceman 3, die Pale Saints und natürlich My Bloody Valentine, eine etwas brachialere Variante.

Alles Vergangenheit? Alles Schnee von gestern? O nein, denn mit Tamaryn ist nun eine ganz und gar brillante neue Shoegazer-Truppe am Start. Die hatte bisher auf obskuren Labels ein paar Vinyl-Singles veröffentlicht, die nur in Sammlerkreisen kursieren, kommt jetzt aber ins Indra, um ihre erste CD vorzustellen: "The Waves." Ein kleines Juwel, für das sich Sängerin Tamaryn und ihr Mitstreiter Rex John Shelverton satte 16 Monate Zeit gelassen haben und das so perfekt zur momentanen Winterstimmung passt wie eine Portion heiße Kirschen auf den Vanilleeisbecher.

Ihre Inspiration beziehe sie aus der Arbeit in einer psychiatrischen Praxis und liebe den Sound der legendären Cocteau Twins, berichtet Tamaryn in Interviews, doch haftet der Musik des Duos nichts Depressives oder gar Katatonisches an. Vielmehr geht es hier um eine Verfeinerung der Sinne, um ein Gefühl für Zwischentöne, ein hohes Maß an Sensibilität also. Wer Songs wie "Love Fade" oder "Sandstone" als Kopfhörermusik bezeichnet, liegt ganz richtig, denn diese unbestimmt sehnsuchtsvollen Klangkaskaden verdienen es, mit voller Aufmerksamkeit erlauscht zu werden.

So gesehen besteht heute Abend für verschämtes Auf-die-Schuhe-Starren überhaupt kein Grund.

Tamaryn: heute 20.00, Indra (S Reeperbahn), Große Freiheit 64, Eintritt: ca. 10,-; Infos im Internet: www.myspace.com/imagesmusic