Das NDR Sinfonieorchester erfreute mit der Originalmusik von “Metropolis“

Hamburg. Er ist ein Mythos, Fritz Langs Stummfilm "Metropolis", doch das hat ihm eine jahrzehntelange Odyssee nicht ersparen können. Wie viele Eingriffe, ja Verstümmelungen das Werk seit seiner Uraufführung 1927 erlitten hat, lässt sich nicht mal mehr erahnen. Gerade hat das NDR Sinfonieorchester die Fassung auf Kampnagel aufgeführt und die Originalmusik von Gottfried Huppertz dazu gespielt - am Pult der Mann, der zu der fast vollständigen Wiederherstellung des Films maßgeblich beigetragen hat: Filmmusikspezialist Frank Strobel.

Man musste schon den Kopf einschalten, um sich bewusst zu machen, wie holzschnittartig die Botschaft war, wie schwarz-weiß die Figuren gezeichnet und wie übertrieben oft die Gestik. Die Musik von Gottfried Huppertz servierte die passenden Empfindungen gleich mit, ohne sich je aufzudrängen. Subtil illustrierte sie das Geschehen und deutete es auch mal um. Da schwelgte das künstliche Paradiesgärtlein im Wagner-Idiom, da schleppten sich die geknechteten Arbeiter im Trauermarsch dahin. Und wo die sanfte Maria die Arbeiter in einem Gottesdienst eigener Art betörte, verband sich der Klang von Flöten und Geigen förmlich zu menschlichem Gesang.

Das NDR Sinfonieorchester ist keine wagnergestählte Operntruppe. Den Konditionstest von gut zweieinhalb Stunden Spielzeit meisterten die Musiker aber mit Bravour. Dezent und präzise brachten sie die Ironie auf den Punkt, mit der Huppertz das Menschenverachtende des Städteentwurfs kommentierte. Und wo es sein musste, malte das Orchester in warmen, ja schmeichelnden Farben - das hätte man von Frank Strobels straffem Dirigat gar nicht erwartet. Der führte die Musiker traumwandlerisch sicher durch das musikalische Gebirgsmassiv. Das neu aufgefundene Material ist leicht zu identifizieren: Weil die Bilder so stark beschädigt sind, regnet es auf ihnen. Könnte glatt eine Vorwegnahme eines anderen Klassikers namens "Casablanca" sein. Aber das ist eine andere Geschichte. (vfz)