Tom Tykwer produzierte einen Film der kenianischen Regisseurin Hawa Essuman. “Soul Boy“ läuft zurzeit im Abaton und im Zeise.

Hamburg. Das Afrikabild deutscher Kinozuschauer wird häufig von internationalen Produktionen wie "Die weiße Massai" geprägt. Folklore geht dabei manchmal vor Authentizität, Filme, in denen Afrikaner selbst über ihren Kontinent erzählen, sind hier selten im Programm. Zurzeit kann man eine dieser Ausnahmen im Abaton und Zeise sehen: "Soul Boy" ist ein Märchen, das die junge Filmemacherin Hawa Essuman in ihrer Heimat Kenia gedreht hat - mit prominenter deutscher Unterstützung.

Denn außergewöhnlich an diesem Film, es ist Assumans zweiter, ist die Art des Zustandekommens. Tom Tykwer und seine Frau Marie Steinmann haben ihn produziert. Steinmann unterrichtet bereits seit zwei Jahren in Kibera Kunst; der deutsche Regisseur hat dort jetzt einen Workshop abgehalten und seine kenianischen Kollegen auch in Regiefragen beraten. "Ich habe einen tiefen Respekt vor Toms Ästhetik", sagt Assuman. "Es war sehr interessant für mich zu sehen, wie er seine Ziele erreicht. Für mich war das ein großes Lernangebot." Ein reines Lehrer-Schülerin-Verhältnis hatten die beiden aber nicht. Im Schnitt habe sie sich oft durchgesetzt: "Ich habe jüngere Ideen über den Film", sagt sie selbstbewusst.

"Soul Boy" handelt von Abi, einem Jungen, der seinen Vater vom Fluch einer Geisterfrau befreien will. Unterstützt wird Abi von seiner jungen Freundin Shiku - Regisseurin Hawa Essuman erzählt auch von einer ersten Liebe. Gedreht hat sie die märchenhafte Geschichte in Nairobis größtem Slum. Sie zeigt Kibera, in dem geschätzt eine Million Menschen wohnen, nicht als Schauplatz des Elends. "Die Leute dort wissen natürlich, dass sie nicht in einer Topgegend wohnen. Aber sie leben in Würde und haben einen starken Sinn für Gemeinschaft. Der Ort vibriert."

Geboren wurde Hawa Essuman 1980 in Hamburg. "Ich habe sehr warme Erinnerungen an die Stadt", schwärmt sie. Sie ist im UKE zur Welt gekommen. Mit ihren aus Ghana stammenden Eltern hat sie sieben Jahre lang in der Sedanstraße gewohnt, ist hier auch zur Grundschule gegangen. In den späten 80er-Jahren hat die Familie Hamburg verlassen, ist zuerst nach London, dann nach Kenia gezogen. Deutsch spricht sie seitdem nur noch "ein sehr bisschen".

In Nairobi wartet nun ihr nächstes Drehbuch auf sie, nur die Realisierung wird wieder schwierig. Es gebe keine blühende kenianische Filmindustrie, sagt Assuman. Dagegen boomt das Fernsehgeschäft: Bei einem TV-Sender, der junge Regisseure ausbildete, hat auch sie ihr Handwerk gelernt. "Das Kino", sagt sie, "ist hier noch das Baby der Medien-Familie." Aber irgendwann wird es das Laufen lernen.