Woody Allens neue Komödie “Ich sehe den Mann deiner Träume“ ist amüsant und geistvoll. Es geht um Liebe, verpasste Chancen und Sex.

Wie jedes Jahr hat Woody Allen einen neuen Film gedreht, und diesmal macht er uns mit mehreren Menschen bekannt, die - ganz banal - auf der Suche nach Glück sind. Handlungsort ist, nach "Matchpoint", "Scoop" und "Cassandra's Dream", erneut London.

Die Angesprochene des Filmtitels ist eine ältere Dame namens Helena (Gemma Jones), die nach 40 Jahren Ehe vom Gatten Alfie (Anthony Hopkins) verlassen wird und Trost bei einer Wahrsagerin sucht. Alfie hingegen ist eines Nachts erschreckt aufgewacht, voll Bedauern über verpasste Lebenschancen und verlorene Jugend. Nun versucht er verzweifelt, Versäumtes nachzuholen. Er kauft sich einen flotten Sportwagen, wird Mitglied in einem Fitnessstudio und zieht in eine teure Junggesellenwohnung.

Mehr oder weniger zufällig lernt er Charmaine (Lucy Punch) kennen, ein blondes Dummchen, halb so alt wie er und verdammt anspruchsvoll - beim Sex und am Geldbeutel. Helena und Alfie haben eine Tochter, Sally (Naomi Watts), eine Galeristin, die mit Roy (Josh Brolin) verheiratet ist, einem Schriftsteller, der dem Erfolg seines ersten Buches hinterherläuft. Im Streit um Geld, Arbeit und möglichen Nachwuchs haben sich Sally und Roy einander entfremdet und orientieren sich anderweitig. Roy lernt die bezaubernde Dia (Freida Pinto) von gegenüber kennen; Sally fühlt sich zu ihrem Chef Greg (Antonio Banderas) hingezogen. Doch sie versteht seine Aufmerksamkeiten und Signale falsch.

Am Schluss werden sich die Paare neu formieren oder neue Lebensentwürfe wagen. Dabei geschieht nichts so, wie es der Zuschauer erwartet. Allen findet immer noch einen Dreh, noch eine Überraschung. Und: Er kehrt zu seinen Anfängen als Stand-up-Comedian zurück und unterhält den Zuschauer mit witzigen, überaus schlagfertigen One-Linern, mit denen er zuletzt so gegeizt hatte. So sorgt Helenas naives Vertrauen in die Handlungsanweisungen der Wahrsagerin für unterhaltsame Wortgefechte mit ihrem sauertöpfischen Schwiegersohn, einmal wird Roy von seiner Clique wegen mangelnder Freundschaftspflege gefragt, ob er "an einem Zeugenschutzprogramm" teilnehme.

Anthony Hopkins fängt die gelegentliche Überdrehtheit seiner Figur durch perfekte Körperbeherrschung auf. Köstlich, wie er in irgendwelchen Fitnessgeräten mit der Tücke des Objekts kämpft. Das ungläubige Staunen auf seinem Gesicht wird dabei zur Metapher für die Unfähigkeit eines Mannes, sein Alter zu akzeptieren.

Das Streben nach Glück: Allens Film plädiert dafür, sich mehr Zufriedenheit zu gönnen, auch mal dem Zufall zu vertrauen. Helena z. B. lernt keinen großen dunklen Fremden kennen (den der englische Originaltitel verheißt), sondern einen kleinen, gedrungenen mit Brille und restblondem Haupthaar. Trotzdem passen sie vortrefflich zueinander. Wie das Leben so spielt ...

Bewertung: überragend Ich sehe den Mann deiner Träume USA 2009, 98 Min., o. A., R: Woody Allen, D: Gemma Jones, Anthony Hopkins, Naomi Watts, täglich im Abaton, Holi, Koralle, Passage, Streit's (OF), Zeise; www.mann-deiner-traeume-derfilm.de