Meine Muse ist ein launisches Miststück. Für einen Kerl geradezu flatterhaft. Ich nenne meine bockige Inspiration "Apollon mit den roten Lederstiefeln", da Mister A. einst als Ressortleiter allen Musen vorstand. Mister As. Arbeitsauffassung ist, nun ja ... eigen. Nur selten lässt er sich von Dingen - wie einem hübschen Baum etwa oder einem Hackbrötchen - beeindrucken. Nein, was mein gestiefelter Musagetes braucht, sind: Menschen.

Ob böse, nette, graugesichtige: Apollon liebt sie alle, die Niederträchtigen genauso wie die Leuchtraketen. Mister A. ist ein Gesprächsschnorrer, greift sich Worthäppchen in Bussen und Cafés ab, glotzt unmanierlich jedem nach, den er interessant findet, und zwingt mich, durch die Stadt zu schwärmen auf der Suche nach Menschenfutter (und DIE Fahrtkosten erklär mal dem Finanzamt!).

Apollon geht so weit, Hamburgs Quartiere komplett zu vermenscheln und ihnen Persönlichkeiten anzudichten. Groß Flottbek ist für ihn die "Kühle Erbtante Flotti mit fernwehem Herzen", mein Grindel der "Salonstudent Christian Mehmet Ming", Eppendorf die "Doppelkarren-Mutti mit Magister" und das Viertel um die Bellealliance ist für ihn "der konservative Linke mit Prostbäckchen" (Musen halten Polemik für eine Pflicht; ihre Besitzer dürfen's ausbaden). Blankenese kennt er als "die Charlodde", die Schanze nennt er Galao-Krawallo, von Barmbek schwärmt er als "ehrliche Erika".

Was Mister A. allerdings als "Großmutterverkäufer", "Aschenputtel Schuhschön" und "Fräulein Nasenpuder" bezeichnet, möchte ich lieber nicht sagen; es reicht, dass ich mit dem Kerl leben muss.

"Ein Musenkuss": Musikalische Lesung mit Anne Munz & Laura Sophie Landauer enthüllt das Leben berühmter Musen von Anaïs Nin bis Yoko Ono. Fr 10.12., 19.30, Logensaal in den Hamburger Kammerspielen (U Hallerstraße), Hartungstr. 9-11, Tickets zu 15,-/18,- an der Theaterkasse Gerdes, T. 44 02 98; www.logensaal-kammerspiele.de