Bei der “Faust“-Gala macht Hamburg mit seinen Bühnenkünstlern viel Staat

Essen. Der Prophet gilt nicht viel im eigenen Land. Werden Theaterkünstler in Hamburg von der Politik offenbar gering geschätzt, erhalten sie überregional umso mehr verdiente Aufmerksamkeit. Bei der Gala zur Verleihung des Deutschen Theaterpreises "Der Faust" im Essener Aalto-Theater war die an den Kulturausgaben geizende Hansestadt durch Regisseure und Schauspieler, die an Schauspielhaus und Thalia arbeiten, gut vertreten.

Sophie Rois erhielt in der Kategorie "Darstellerische Leistung" eine Auszeichnung für "Mädchen in Uniform". Das Auftragswerk des Schauspielhauses hat René Pollesch an der Kirchenallee uraufgeführt. Regisseur Roger Vontobel wurde zwar für seinen Dresdner "Don Carlos" geehrt, gehört aber noch (!) zu den Hausregisseuren am Schauspielhaus, wo er zum Saison-Start viel beachtet Heinrich von Kleists "Penthesilea" herausbrachte. Auch Claus Guth, der an der Staatsoper Wagners "Ring" inszenierte, bekam einen "Faust" - für seine "Daphne" an der Oper Frankfurt.

Außerdem war Regisseur Alexander Riemenschneider in der Kategorie Jugendtheater mit seiner Inszenierung "Von Mäusen und Menschen" am Jungen Schauspielhaus nominiert - ebenso wie der Tänzer Otto Bubenicek. Der Erste Solist im Hamburg Ballett erhielt eine Nominierung für seinen "Orpheus" in der Neumeier-Choreografie.

Der Bühnenbildner und Regisseur Wilfried Minks, über Jahrzehnte Hamburg in seiner künstlerischen Arbeit verbunden, erhielt einen "Faust" für sein Lebenswerk. Minks feierte gerade mit seiner Inszenierung von Roland Schimmelpfennigs Afrika-Stück "Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes" am Thalia-Theater eine erfolgreiche Premiere.

Der amerikanische Tänzer und Choreograf Richard Siegal erhielt für das Duo "Logobi 5" der Hamburger Regisseurin Monika Gintersdorfer auf Kampnagel ebenfalls einen Preis.

Auch wenn nicht alle der erwähnten Künstler in Hamburg ansässig sind, empfinden Regisseure und Schauspieler, Choreografen und Tänzer die Theater vor Ort bis jetzt immerhin als so attraktiv, um hier arbeiten oder auftreten zu wollen. Das kann sich mit den von der Stadt verordneten Einsparungen ganz schnell ändern. Den Intendanten bleibt kein finanzieller Spielraum mehr, um profilierten Künstlern Angebote machen zu können und sie in die Stadt zu locken. So könnte es sehr gut möglich sein, dass bei der sechsten "Faust"-Verleihung der Name von Hamburg in Verbindung mit einem ausgezeichneten oder nominierten Künstler nicht mehr fällt. Das wäre ein weiteres Armutszeugnis für die Stadt, deren Ruf als Kulturmetropole nur mehr schwer reparablen Schaden erlitten hat.