Heilung, Baby! Charles Lloyd kommt mit seinem New Quartet und bringt uns am 30. November spirituellen Jazz in die Fliegenden Bauten.

Bald reichen die Finger einer Hand, um die noch aktiven Großmeister des Jazz-Saxofons aus der Generation 70 plus aufzuzählen. Neben Sonny Rollins und Ornette Coleman, die in diesem Jahr beide 80 wurden, nimmt sich Charles Lloyd mit seinen 72 Jahren in dieser Reihe fast als Junior aus, aber er gehört unbedingt hinein. Im vergangenen Sommer trat er mit seinem New Quartet bei JazzBaltica in Salzau auf, jetzt kommt er nach langer Pause endlich wieder nach Hamburg.

Lloyd stammt aus Memphis, Tennessee. Seit Jahrzehnten aber schon lebt er in Big Sur in Kalifornien, dem Bundesstaat mit der wohl größten Dichte an spirituellen Suchern in den USA. Das passt, denn Lloyd kommt nicht nur beim Reden gern ins Philosophieren über das Woher-Wohin und übers Jetzt als einzige Realität. Mit seiner überwiegend auf dem Tenor gespielten Musik will er den Menschen Liebe, Freude, Heilung bringen. Das klingt in den Ohren mancher Leute bestimmt saumäßig kitschig oder treuherzig, aber Charles Lloyd verbreitet in seinen vielfach verzweigten, die Ekstase der Seele beschwörenden Soli tatsächlich eine Hohepriesterschaft jenseits aller Dogmen, wie sie typisch ist für das universell Spirituelle der amerikanischen Westküste.

Natürlich hat er nicht als blasender Medizinmann angefangen. Lloyds Ursprünge liegen im Rhythm'n'Blues, später absorbierte er nach Kräften Musik und Spirit von Billie Holiday und John Coltrane. In den 60ern war er sogar fast ein Popstar, der in Hippieklamotten mit seinem Quartett im Fillmore auftrat und bei halbstündigen Improvisationen die Blumenkinder auf manchen Trip mitnahm. Michel Petrucciani lockte ihn in den 80er-Jahren aus seinem Refugium zurück auf die Bühne, und seit 20 Jahren bringt Lloyd bei ECM in steigender Altersform neue Alben auf den Markt. Die beiden letzten entstanden in der Besetzung, die in Hamburg zu erleben ist: mit Jason Moran (Klavier), Reuben Rodgers (Bass) und Eric Harland (Schlagzeug). "Die suchen die zone . Nein, die sind die zone ", orakelt Lloyd auf einem im Netz kursierenden Video. Gut, dass das Konzert in den Fliegenden Bauten stattfindet. Im Zelt geht der fliegende Teppich dieses Quartetts fast widerstandslos durch die Decke.

Charles Lloyd New Quartet Di 30.11. 20.00, Fliegende Bauten (U St. Pauli) Glacischaussee 4, Tickets zu 30,90 bis 45,90 unter T: 39 88 14 21