Hamburg. Fernöstliche Wandbehänge in schlichten Mustern und warmen Farben, daneben ein Karussell mit quietschbunten sechsbeinigen Pappmacheepferden. Etwas weiter Messer, vor deren haarfein geschliffenen Klingen man sich fürchten müsste, zögen die grob gehämmerten Oberflächen des Metalls und die Griffe aus glänzendem Wurzelholz einen nicht unwiderstehlich an: Die Messe "Kunst und Handwerk 2010", die von morgen an im Museum für Kunst und Gewerbe zu sehen ist, setzt einen beglückenden Kontrapunkt zum Alltag mit seinen massentauglich gestylten Konsumgütern.

Bis zum 12. Dezember präsentieren Kunsthandwerker an 65 Ständen Keramiken und Goldschmuck, untertassenkleine Hüte oder Halsketten aus exotischen Vogelfedern. Selbst durch die fingerdicken Glasscheiben hindurch atmen die Exponate den Geist, die Originalität, das Proportions- und Materialgefühl ihrer Schöpfer.

Wer die luftig arrangierte Ausstellung abschreitet, dem wird erst schmerzlich bewusst, wie sehr das Funkeln der Werbung und das allgegenwärtige Diktat der Wirtschaftlichkeit unseren Schönheitssinn prägen oder schlicht abstumpfen.

Schon ihre 131. Auflage erlebt die Messe; zum letzten Mal hat sie dieses Jahr Rüdiger Joppien kuratiert. "Unser Anspruch ist es, in diese traditionsreiche Veranstaltung Innovation hineinzubringen", sagte Joppien gestern. "Es geht uns aber, anders als Galerien, nicht um primär Experimentelles. Bei uns steht die Beziehung zwischen Ausstellern und Publikum im Vordergrund." Ein wesentlicher Aspekt des Ganzen ist also der Verkauf, und der läuft in Hamburg traditionell besonders gut.

Das mit der Innovation klingt nicht nur gut, Joppien hat auch das Konzept darauf abgestimmt: Zu Gast sind dieses Jahr Georg Dobler, Professor an der renommierten Hildesheimer Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst, und seine Klasse für Metallgestaltung. Und für den Blick über den Tellerrand sorgt die Sonderschau "Dialog der Kulturen". Die dort versammelten Aussteller verwenden Fertigungstechniken aus Ostasien oder Afrika. Von der "Globalisierung der Handwerkskunst" sprach Joppien und erinnerte daran, dass das Museum für Kunst und Gewerbe schon im 19. Jahrhundert Objekte aus dem Orient, aus Asien, Afrika und Südamerika erworben hat.

Gegen die ganze Farbenpracht nehmen sich die grazilen, raffiniert schlichten Möbel von Hendrike Farenholtz eher streng aus. Die 54-Jährige hat gerade den Justus-Brinckmann-Preis 2010 bekommen. Auch sie bringt in ihre Entwürfe die Erfahrungen ein, die sie während ihres Ethnologiestudiums und zahlreicher Reisen gemacht hat. "Dass ich mich schon so lange mit Möbeln auseinandersetze, hat meinen Blick auf die Welt verändert", sagt sie. Als jüngstes Projekt hat sie einen Prototyp für einen Schrank entwickelt, mit dem die Bewohner eines Dorfes im südindischen Kerala ein Touristenresort ausstatten wollen. Das ist doch ein Austausch im Sinne Joppiens.

Kunst und Handwerk 2010 26.11. bis 12.12., Museum für Kunst und Gewerbe Steintorplatz. Di-So 11.00-18.00, Do bis 21.00