Trip-Hop-Veteran Tricky, einst ein ausgesprochener Live-Muffel, wechselt im Docks zum schrägen Gangsterrock - und gibt sich sehr volksnah.

Hamburg. Der in den 90ern von der Musikjournaille erfundene "Trip-Hop" gilt als mausetot. Tricky steht wie immer im nachtblauen Licht auf der Bühne des Docks, rollt seine mit Tattoos übersäten Muskeln und krächzt ab und zu ein paar heisere Raps ins Mikrofon. Seit Jahren sucht er - wie alle einstigen Pioniere des Bristol-Sounds von Massive Attack bis Portishead - nach einer Überlebensstrategie im Pop. Tricky, bürgerlich Adrian Knowles, hat sie für sich derzeit im fröhlichen Lärm der singenden Whiskey-Gallone Lemmy von Motörhead gefunden. Zumindest reißt er mit dessen Gangsterrockbrett "Ace Of Spades" die Zuhörer im übersichtlich gefüllten Docks mit.

Dabei können sich nach Jahren der versponnenen Kunstklänge auch die Songs seines vorletzten Albums, "Knowle West Boy", und des aktuellen "Mixed Race" überaus hören lassen. Hier schlurft das Drumset nur noch gelegentlich. Kein Bass schleppt sich niedergeschlagen dahin. Dafür schneiden in "Murder Weapon" oder "Really Real" die Synthesizer, die Gitarre kreischt und wird mit originellen Hip-Hop-Jazz-Melodien verschränkt. Ein großer Live-Arrangeur ist der britische Songschreiber noch nie gewesen. Gemessen daran leistet seine Band an diesem Abend Erstaunliches.

Der Meister selbst wippt hinterm Mikrofon, übt sich im Schattenboxen - gegen seine Dämonen? -, nebelt sich mit dem Rücken zum Keyboard ein und überlässt den stimmlichen Part über weite Strecken Sängerin Franky Riley. Zerbrechlich haucht sie in "Bacative" oder säuselt über dem torkelnden Barpiano von "Puppy Toi". Die Stimme hat die gleiche expressive Wut und den Variantenreichtum, den Martina Topley-Bird auf Trickys Debüt "Maxinquaye" einst verströmte. Gerade bei den alten Hits "Overcome" oder "Black Steel" entpuppt sie sich als würdiger Ersatz.

Inzwischen gibt sich Tricky, der einstige Wüterich der Finsternis, volksnah. Winkt seine Zuhörer auf die Bühne, bis die aus allen Nähten platzt. Da wird dann heftig zu "Ghetto Stars" geschwoft. Na also. Gute Ansätze sind beim einstigen Live-Muffel doch erkennbar.