Bis die Schmidt-Wintergala mit “Last Christmas“ endet, toben sich viele Könner auf der Varieté-Bühne aus

Schmidt-Theater. Zu Weihnachten erfüllt man Wünsche. Meistens den Mitmenschen. Aber auch sich selbst, ist man so selbstsüchtig wie die Kammersängerin Emmi. Diesen Auftritt hat sich die tief gesunkene Show-Biz-Fregatte schon lange gewünscht. Christoph Dompke schlägt zum Opening der Schmidt-Wintergala gleich zwei Fliegen mit seiner Satireklappe.

Aufgebrezelt wie ein Christbaum kommt Emmi im Rollstuhl angefahren. Und zeigt zwei abgetakelten Hollywood-Diven, was eine Harke ist: der "Hello Dolly"-Barbra Streisand und der Sex-Mumie Mae West mit ihren Muskelkerls. Die knackigen Jungs von Fette Moves kommen mit Emmi zur parodistischen Musical-Nummer angeschoben. Hopsend und den geschwollenen Bizeps demonstrierend, schmettert das Trio "Hello, Dolly!" und huldigt der morbiden Diva an der Krücke. Denn Frau Emmi hat sich vermutlich im Probenfeuereifer bei den Tanzschrittchen eines der rostigen Knie lädiert.

Der Auftakt hält, was der Abend verspricht. Denn trotz aller weihnachtlichen Staffage auf der festroten Bühne entpuppt sich die Gala als wild entschlossenes Antiprogramm zu Stille, Liebe und Besinnlichkeit. Knallig sind die Farben, derb der Humor und nach wie vor der eheliche Hass zwischen Emmi & Willnowsky. Demütigend und dreckig sind die Witze, die das diesjährige Gastgeberpaar sich und den Zuschauern um die Ohren haut.

Zwischen bissiger gegenseitiger Abkanzelei und hinterfotziger Anmache der Zuschauer in der ersten Reihe präsentiert das beim Improvisieren ausgefuchste Duo ein Varieté-Programm aus Akrobatik, Gesang, Kabarett und Tanz. Fette Moves beeindruckt das Publikum im Gangsta-Look mit einer effektvoll vernebelten Breakdance-Show. Statt Tiger durch Reifen springen zu lassen, schlüpft das Kraftpaket Tigris lieber selbst raubkatzengleich durch den in die Höhe wirbelnden Ring.

Charmante musikalische Abwechslung bringt die attraktive Caroline Kiesewetter mit ihren jazzigen Songs. Bei "If" schlägt die Sängerin aber auch nicht gerade lammfromme Töne an, knallt den lästigen Lover einfach ab. Auch der Musikclown Gabor Vosteen erntet viel Applaus. Ein graziler, tänzerisch federleichter und vorwitziger Faun, hebt Vosteen immer noch eine weitere Flöte an die Lippen, steckt sie sich in Nasen- und Ohrlöcher, tiriliert mit Soundtricks Mozarts Nachtmusik und Beethovens "Ode an die Freude".

Eine originelle, überraschende Nummer hat Programmdirektor Mirko Bott mit dem bejubelten Rattenfänger vom Plattensee entdeckt. Ein Highlight nach der Pause serviert der vor Wut über Dauergebrutzel und Gemüsegeschnippel auf allen Fernsehkanälen kochende Kabarettist Wolfgang Trepper. Er kotzt sich komisch über die Pfannenjongleure, selbstgefälligen Chef-Mützen und das unvermeidliche Promi-Dinner aus: "Das Einzige, was ich da kenne, sind die Zutaten."

Zwar verabschiedet sich das Ensemble zum Finale heiter und in friedlicher Eintracht mit dem George-Michael-Ohrwurm "Last Christmas", aber die Wintergala, deren Artisten und Comedians während der langen Laufzeit wechseln, ist alles andere als ein nettes Kinderprogramm. Sie bietet die gute Gelegenheit für eine feuchtfröhliche vorweihnachtliche Sause und soll auch Lust auf die Solo-Auftritte einzelner Künstler machen.

Die große Schmidt-Wintergala bis 9.1.2011, Di/Do-Sa 20.00, Mi/So 19.00, Schmidt-Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 27-28, Karten zu 15,40 bis 52,80 unter T. 31 77 88 99; Infos im Internet unter www.tivoli.de