Das Simple-Life-Festival auf Kampnagel genügte nicht immer den eigenen Ansprüchen

Hamburg. Wenn ein Theater- und Tanzfestival sich zum Schwerpunkt setzt, Menschen in besonderen Lebenssituationen zu zeigen, ist das an sich schon ein ehrenwertes Anliegen. Noch ehrenwerter wäre es, wenn sich dies mit Kunst auf der Höhe der Zeit verbände. Das Simple-Life-Festival auf Kampnagel wollte beides: Existenzen ins Zentrum rücken, die außerhalb einer "Norm" stehen - und internationale Avantgarde bieten.

Das gelang nicht immer so zielsicher wie bei der Brüsseler Kompanie Peeping Tom zum Festival-Finale. In der unwirtlich schneeverwehten "32, Rue Vandenbranden" hausen die Menschen in Wohncontainer aneinander vorbei. Die schwangere Schwermütige sucht Anschluss beim jungen Paar. Was die Realität nicht bieten will, kann nur eine surreale Vision besorgen: Mezzosopranistin Eurudike De Beul singt hartnäckig gegen die Ohnmachtsgefühle dieses Wintermärchens an. Die Koreaner Seoljin Kim und Hun-Mok Jung beeindrucken mit einer biegsamen Spring- und Fallchoreografie.

Koreanische Tanzkünstler faszinierten schon am Beginn des Festivals: Namjin Kim zeigte zwei energetische Duos. "Story of B" und "Brother" offenbarten in zärtlichen wie verzweifelten Ausbrüchen gegenseitige emotionale und körperliche Abhängigkeiten. Ein ähnliches Thema behandelte die argentinische Regisseurin Lola Arias in ihrem vor Ideen sprühenden Zwillingsprojekt "That Enemy Within".

Dagegen fiel die Dance-Performance "Patterns Beyond" mit afrikanischen Tänzern durch konventionelle Musik und folkloristische Formen ab. Auch "Variations Antigone. Als Kind spielt man Sterben" der französischen Cie Création Ephémère glückte weniger. Die Gruppe inszenierte den Antigone-Mythos als nervenzerfetzenden Gothic-Mummenschanz mit zu vielen Schauplätzen.

Das Festival, nicht gerade schlecht, doch noch zögerlich besucht, bot die Möglichkeit zu einem anderen Blick auf das biografisch-dokumentarische (Tanz-)Theater, das sich jedoch in Ästhetik und Form bereits zu mutigeren Experimenten weiterentwickelt hat. Deshalb sollte das Simple-Life-Festival eine weitere Chance bekommen - auch vonseiten des Publikums.