Walter Sittler begeistert mit seinem Erich-Kästner-Abend im Altonaer Theater

Hamburg. Erich Kästner gehörte zu den 24 von den Nazis verbotenen Autoren. Seine Bücher wurden am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz verbrannt. Er war der einzige anwesende Schriftsteller, als Joseph Goebbels seinen Namen aufrief. Zwar hat er nicht widersprochen, ist aber in Deutschland geblieben. Er konnte nicht anders. Das hat dem brillanten Feuilletonisten, Jugendbuchautor und humoresken Verseschmied auch Kritik eingebracht.

Im literarisch-musikalischen Porträt "Vom Kleinmaleins des Seins" würdigt TV-Serienheld Walter Sittler ("Nikola") beim Gastspiel im Altonaer Theater den passiven Widerständler Kästner. Der hat sich weder als Held noch als Märtyrer gefühlt und gibt zu Bedenken: "Die Mutfrage ist nicht zu beantworten, ehe die Zumutung an einen herangetragen wird." Der von den begeisterten Zuhörern mit Ovationen bedachte Abend ist die Fortsetzung des Erfolgsprogramms "Als ich ein kleiner Junge war".

Daran knüpfen Sittler, der Regisseur Martin Mühleis und der musikalische Leiter Libor Sima an. Gewöhnlich fällt eine Fortsetzung bei kaum verändertem Konzept schwächer aus. Doch Kästner bleibt in den Briefen an sein "geliebtes Muttchen", in satirischen Gedichten und hellsichtigen Zeitanalysen ein ungebrochen starker Autor.

Walter Sittler, wieder in Hut, Anzug und Trenchcoat, erweist sich erneut als idealer Interpret. Er ist charmanter Plauderer, Frauenheld und Mamas großer "oller Junge", der seine Affären verschweigt. Sittler setzt klar Nuancen und Pointen, erzeugt nach der Pause durch die unsentimentale Art, Kästners Wortkunst für sich wirken zu lassen, atemlose Stille und Rührung im Publikum.

Wohl hat die Beschäftigung mit Kästner dem Schauspieler auch Mut gemacht, als Bürger in seiner Heimatstadt gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 zu protestieren. Denn Schriftsteller von Kästners Courage, Format und kritischer Sprachkraft bleiben aktuell mahnende Vorbilder.

Vom Kleinmaleins des Seins 23.11., 20.00, 24.11., 19.00, Altonaer Theater, Karten T. 39 90 58 70; www.altonaer-theater.de