“Großstadtrevier“ und “Nachtschicht“ zeigen zwei Seiten Hamburgs

Hamburg. Ob nun im Vorspann der Michel über den Bildschirm flackert oder die Köhlbrandbrücke: Heute können die Hamburger im Fernsehen mal wieder so richtig amtlich dem Lokalpatriotismus frönen. Erst mit dem Auftakt zu 16 neuen Folgen "Großstadtrevier" in der ARD, dann mit der "Nachtschicht"-Folge "Das tote Mädchen" im ZDF. Die Heimat zum Kult zu erklären, dafür hat der TV-Hanseat offensichtlich eine Vorliebe. Wie jüngst ein Quotenvergleich zeigte, sind die Zuschauer zwischen Alster und Elbe bevorzugt kriminalistisch im Einsatz. Mit der Fernbedienung, versteht sich. Doch das Hamburg-Bild, das den Sessel-Ermittlern da präsentiert wird, unterscheidet sich von Format zu Format gehörig.

"Großstadtrevier" Nummer 295 unter der Regie von Felix Herzogenrath und die aktuelle "Nachtschicht" unter Federführung von Lars Becker verhalten sich in etwa so wie Fischbrötchen zu Lachscarpaccio. Schmeckt beides nach Norden. Aber Ersteres gibt's öfter und es macht satter, Letzteres ist was fürs seltene Feinschmecken. Hier die altvertraute Serie, da der elegante Thriller.

Beim "Großstadtrevier" können die Hauptdarsteller im Vorspann noch so urban an Glasfassaden projiziert werden - wenn der countryeske Schlager vom "Ede" und dem "Schutzmann" ertönt, breitet sich der heimelige Charme des Provinziellen aus. Jan Fedder wirkt als Polizist Dirk Matthies so schnoddrig-hamburgensisch, als würde er jeden Morgen mit Hafenwasser duschen und sich mit dem Stadtwappen trocken rubbeln. Seine Crew und er strahlen eine pferdestehlende Kumpeligkeit aus, die durch einen etwas stoffeligen Neuzugang ergänzt wird: In der Folge "Dumm gelaufen" tritt Hauke Jessen (Steffen Groth) seine Stelle im Revier an.

Anders das "Nachtschicht"-Team: Harte Blicke, ernste Geschäftigkeit und ein unterkühlter, süffisanter Humor zeugen eher von hanseatischem Understatement als von Kiez-Kernigkeit. Während es die Polizisten vom 14. Kommissariat bei ihrem jüngsten Fall "in 'ne richtig schöne alte Daddelhalle" verschlägt, und zwar stilecht in blauen Uniformen, führen Erichsen (Armin Rohde), Lisa Brenner (Barbara Auer) und Mimi Hu (Minh-Khai Phan-Thi) ihre Recherchen in eine Schönheitsklinik, und zwar diskret in Nadelstreifen.

Anders als bei den nahezu hochdeutsch anmutenden Kommissaren wird das Hamburgische im "Großstadtrevier" vor allem auch sprachlich gepflegt. Ob der bestohlene Kollege Hauke nun auffordert: "Wir fahren aufn Kiez und suchen meinen Bock." Oder ob Matthies ein "Moin Alder" kodderschnauzt. Und noch einen Unterschied gibt es: Auf der einen Seite siegt das Gute, auf der anderen obliegt das Böse.

Großstadtrevier heute 18.50 ARD

Nachtschicht heute 20.15 ZDF