In der Laeiszhalle stellt er sein neues Album “Das süße Leben“ vor. Ein Interview mit dem schlagfertigen Liedermacher.

Hamburg. Seine Karriere startete Klaus Hoffmann als Liedermacher in Berliner Szenekneipen, später machte er sich einen Namen als Jacques-Brel-Interpret. Er absolvierte eine Schauspielausbildung und war an diversen Bühnen engagiert, u. a. auch am Hamburger Thalia-Theater. Am 23. November stellt er sein neues Album "Das süße Leben" in der Laeiszhalle vor. Im Abendblatt-Gespräch wirkt Hoffmann bisweilen nachdenklich, manche Antworten kommen zögerlich. Seine Schlagfertigkeit beeinträchtigt das keinesfalls. Tatsächlich wirkt er wie ein - auf angenehme Art - kumpelhafter Kerl. Warmherzig. Und dabei heftig berlinernd.

Abendblatt:

Sie stehen seit 40 Jahren auf der Bühne, werden im März 60, haben fast 40 Platten eingespielt. Warum machen Sie das, was reizt Sie daran?

Klaus Hoffmann:

Es reizt mich, dass ich mit meinen Texten etwas erzählen kann. Da gab es den 16-Jährigen, der in Berlin in den Klubs anfing mit Texten von der Knef, weil er nichts anderes hatte und nicht so politisch rumsauen wollte wie die älteren Barden. Aber dann habe ich die eigenen Geschichten gefunden. Natürlich gab es auch Krisen, aber ich bin da durchgegangen. Ich sehe die Welt nicht so konform, wie es uns vorgebetet wird. Ich wollte nie die Welt verändern, nur meine eigene und dann erst deine. Das ist bis heute so geblieben. Und jetzt werde ich 60 und weiß nicht so recht, wie der Junge dem Alten die Hand gibt, damit er noch älter wird.

"Die Welt ist schön" heißt das erste Lied auf Ihrem Album. Ist der poetische Blick zurück nicht allzu mild geraten?

Hoffmann:

Die Welt ist schön. Auch wenn es manchmal nicht so scheint. Aber das Album besteht ja nicht nur aus diesen Mildtätigkeiten. Dass ich in der Lage bin, das so zu sehen, ist keine Form der Altersweisheit, sondern fast schon eine Provokation.

Ein anderes Lied heißt "Noch mal von vorn. Noch mal der Junge sein, der auf dem Weg sein Lebensglück beschwor". Träumen Sie manchmal davon, noch einmal von vorn beginnen zu können?

Hoffmann:

Das hätte den Vorteil, länger leben zu können. Na klar wäre das reizvoll. Das kommt immer noch aus der Haltung heraus, nicht einsehen zu können, dass ich sterblich bin. Wie wird man älter? Wie wird ein Sänger älter?

Es widerfährt einem.

Hoffmann:

Und dann braucht man Demut. Das ist in Ordnung, denn du bis damit nicht weniger kreativ, nicht weniger humoristisch, nicht weniger kritisch als früher. Als ich zehn war, starb mein Vater. Daher habe ich die Sterblichkeit sehr früh verstanden. Nur wusste ich nicht, wie ich damit umgehen soll. Es fällt mir noch heute schwer.

Als 18-Jähriger waren Sie in Afghanistan, haben später ein Buch darüber geschrieben. Was empfinden Sie heute bei den Nachrichten aus diesem Land?

Hoffmann:

Ich war sogar 1979, kurz vor dem Einmarsch der Sowjets, noch einmal da. Ich erinnere mich gut an die Menschen dort. Das Eingreifen der Amerikaner finde ich richtig. Ich bin mit den Alliierten aufgewachsen und finde es heute noch schade, dass die Amerikaner aus Westberlin raus gegangen sind. Ich habe sie gemocht, bin mit dieser Kultur aufgewachsen. Alle guten Einflüsse kamen von denen. Was ich damit sagen will, natürlich ist es richtig zu sagen: nie wieder Krieg. Aber diese Aussage ist so global, dass man damit gar nichts mehr anfangen kann. In Afghanistan ist das Engagement der Alliierten bisher richtig gewesen, weil es den Leuten helfen konnte, künftig menschenwürdiger zu leben.

Sie glauben, dort läuft alles richtig?

Hoffmann:

Nein, natürlich nicht. Die Schuld dafür reicht weit zurück. Afghanistan ist ein gebeuteltes Land, das seit Langem im Schnittpunkt fremder Interessen gelegen hat. Die einzige Lösung, die ich mir heute vorstellen kann, wäre ein Kompromiss mit den gemäßigten Taliban. Aber das muss man erst einmal hinkriegen.

Warum machen Sie keine politischen Lieder?

Hoffmann:

Meine Lieder sind nicht vordergründig politisch. Politischen Liedern habe ich oft misstraut. Ich fand das peinlich. Ich habe es immer gehasst, dass mir einer sagt, wo es langgeht.

Sind Sie der einzige Westdeutsche Ihrer Generation, der keiner K-Gruppe angehört hat?

Hoffmann:

Absolut, ich war höchstens bei den Katholiken.

Sie sind aber politisch genug, sich von der SPD in die Bundesversammlung berufen zu lassen, die im Mai den Bundespräsidenten gewählt hat.

Hoffmann:

Ich glaube, dass die Leute auch deshalb in meine Konzerte kommen, weil sie da Dinge in meinen Texten lesen, die politisch sind. Ich stehe noch immer hinter dem altromantischen Bild: Werde, was du bist.

Sie gehen demnächst auf Tournee. Wenn man sich die Liste der Auftrittsorte ansieht, denkt man, die Wiedervereinigung habe gar nicht stattgefunden. Warum treten Sie nicht im Osten auf?

Hoffmann:

Weil sich das mit der großen Produktion gar nicht bezahlen ließe. Wir gehen später mit einem kleinen Ensemble in den Osten.

Wieso ist der Osten teurer?

Hoffmann:

Der Osten ist nicht generell teurer, aber wenn wir in die Dresdner Semperoper gehen, sind die Kosten enorm. Die kriegen wir nie wieder rein. In Hamburg spielen wir zwei- oder dreimal, da geht das.

Sie haben in Plenzdorfs "Die neuen Leiden des jungen W." den Edgar Wibeau gespielt. War die Ostgesellschaft, in der dieses Jugenddrama spielt, nicht unendlich fremd für Sie?

Hoffmann:

Das war mir überhaupt nicht fremd, denn als Kind habe ich jedes Wochenende bei meinen Onkeln und Tanten in Kaulsdorf verbracht. Dort gab es nämlich mehr zu essen als bei uns in Charlottenburg.

Haben Sie Ulrich Plenzdorf persönlich kennengelernt?

Hoffmann:

Natürlich, es war eine enge Freundschaft. Ich habe ihn noch kurz vor seinem Tod besucht. Wir wollten eigentlich die Verfilmung von Falladas "Trinker" zusammen machen, für die Plenzdorf das Drehbuch geschrieben hat. Das scheiterte dann. Harald Juhnke hat das dann viel besser gemacht.

Der braucht das ja nicht zu spielen.

Hoffmann:

Das sollte man nicht denken. Aber er war schon der Richtige. Man hat mich übrigens immer für einen Ostler gehalten.

Wahrscheinlich, weil Ihr Berlinern automatisch nach Ostberlin klingt.

Hoffmann:

Die haben oft die besseren Schauspieler, vielleicht lag es ja daran.