Das New Zealand Symphony Orchestra in der Laeiszhalle

Hand aufs Herz. Wer hätte je etwas über neuseeländische Sinfonieorchester gehört? Doch seit dem beglückenden Gastspiel des New Zealand Symphony Orchestra in der Laeiszhalle muss man nun auch in Hamburg zur Kenntnis nehmen, dass die Kiwis sogar ein sehr gutes Orchester ihr Eigen nennen können.

Dabei sollte der Star des Abends ja eigentlich Hilary Hahn sein. Die Geigerin bot in Sibelius' süffigem Violinkonzert einmal mehr Anlass zu andächtigem Staunen. Zwar ist die Amerikanerin inzwischen 31, doch noch immer stellt sie die vollkommene Verkörperung eines Wunderkindes dar. "Kind", weil sie ihre Wunder mit Ernsthaftigkeit und Unschuld vollbringt. Es zeichnet sich keinerlei Drama ab in ihrem Spiel oder ihrem Gesicht; und das Zirzensische eines Lang Lang ist ihr ebenso fremd wie das Streberhafte einer Julia Fischer. "Wunder", weil nirgends geigerische oder musikalische Grenzen hörbar werden. Selbst die sperrigsten Stellen gelingen ihr vollendet schön. Sie kann in Gefühl schwelgen, aber immer mit einer glasklaren, musikalischen Intelligenz. Man stellt sich vor, dass Apollon ähnlich vollkommen und ungerührt seine Lyra gezupft haben wird.

Ihre Blumen verteilt Hahn zum Schluss an die Bläser und Kontrabassisten, wie um zu zeigen, dass die Neuseeländer auch in den hintersten Reihen bestens besetzt sind. Tatsächlich hatten die Bläser ihr selbst beim heiklen Anfang von Sibelius' Adagio einen patzerfreien, samtenen Klangteppich ausgelegt. Als ein klang- und druckvoller, präzise spielender Klangkörper hatte das Orchester sich zuvor schon bei Smetanas "Sárka" präsentiert. Und der erst 30 Jahre alte Chefdirigent Pietari Inkinen wusste auch in Tschaikowskys Fünfter Sinfonie die Kräfte seines Orchesters souverän zu disponieren. Beinahe analytisch, ohne unterkühlt zu sein, arbeitete er die Einbrüche des Schicksalsmotivs im Andante heraus. Die Verwandlung des düstren Motivs zum Siegeshymnus im Finale entlarvte sich so, schwungvoll musiziert, wie von selbst als hohles Pathos.