Wenn die Elektroband des Jahres aufläuft, kommen alle: Eine derart drangvolle Enge hat das Uebel & Gefährlich wohl noch nicht gesehen.

Hamburg. Wenn die Elektroband des Jahres aufläuft, kommen alle: Eine derart drangvolle Enge hat das Uebel & Gefährlich in der Feldstraße noch nicht gesehen. Die geduldigen Zuschauer dürfen sich erst durch das Geklingel der Berlinerin Barbara Panther und die experimentellen Soundfiles des Duos Mount Kimbi hören. Nerd-Kostüm ist Pflicht. Kesse Frauen tragen selbstbewusst gigantische Horngestelle auf der Nase, die Männer schütteln Popper-Haarschnitte.

Daniel Victor Snaith aber, dieser erstaunliche Kopf des kanadischen Bandprojektes Caribou, hat sein Nasenfahrrad im Hotel gelassen. Mit drei Mann Live-Verstärkung erklimmt der studierte Mathematiker die Bühne. An die Wand gebeamte Videokunst kreist hypnotisch im Bühnenhintergrund. Seine Mannen, Keyboarder und Gitarrist Ryan Smith, Schlagzeuger Brad Weber und Bassist John Schmersal, klampfen und trommeln, dass man fast an Postrock denkt. Caribou walzt seine Soundideen episch aus. Hängt hier noch einen Loop dran. Stapelt noch einen Klang obendrauf. Mit kindlicher Freude berauscht sich Snaith an seinem eigenen Spiel. An einer geradezu arithmetisch präzisen Polyrhythmik.

Jedem, der Caribous Hit "Sun" in diesem Sommer womöglich auf dem Deck einer Elbbarkasse gehört hat, öffnet sich das Herz, sobald er die ersten wummernden Takte hört. Hier erklingt er allerdings in einer ekstatischen Endlosvariante. Hatte sich Caribou auf dem zweiten Album, "Andorra", noch einem eher hippiebewegten, psychedelischen Pop hingegeben, glänzt der Nachfolger "Swim" mit vordergründig glatt poliertem Sounddesign. Unter der Oberfläche aber, da blubbert es mit einer Eleganz und Geschmeidigkeit, um sich kurz darauf am eruptiven Schlagwerk zu reiben. Große Kunst.

Snaith selbst springt zwischen Keyboard und Perkussion hin und her. Beim irrlichternden "Odessa" bedient er sogar die Querflöte. Die Menge tobt und schüttelt die Glieder, wenn sie denn den Platz dazu findet. Nerdig wirkt sie so gar nicht, diese Musik. So klingt das Paradies.