Die ARD verschiebt die Auflösung von “Im Angesicht des Verbrechens“ weit nach Mitternacht

Hamburg. Die Kritiken lasen sich wie Hymnen. Als "Im Angesicht des Verbrechens" seine Premiere auf der diesjährigen Berlinale erlebte, konnten sich gar nicht genug Redakteure, Produzenten und Koproduzenten in den Vordergrund drängeln, die mit der Qualität des gebührenfinanzierten Fernsehens im Allgemeinen und Dominik Grafs zehnteiliger Verbrecherserie im Besonderen in Verbindung gebracht werden wollten: Seht her, wir können mehr als Degeto-Seichtfilme und schielen nicht immer auf die Quote.

Neun Monate später steht fest: Sie schielen doch. Auch das öffentlich-rechtliche Erste knickt ein wie ein zartbewurzeltes Bäumen im Windstoß, wenn die Zuschauerzahl nicht den Erwartungen entspricht. Volker Herres, der Programmdirektor der ARD, hat nun entschieden, dass die zehnte und letzte Folge von "Im Angesicht des Verbrechens" am 19. November nach Mitternacht gesendet wird - und nicht wie ursprünglich geplant am 26. November um 21.45 Uhr. Er habe die Befürchtung, die Folge könne "als Stand Alone absaufen", erklärte Herres der "Süddeutschen Zeitung". Warum sie nicht gleich im Verbund mit anderen Folgen programmiert wurde, bleibt unklar.

Dass rund 3,5 Millionen Zuschauer am späten Freitagabend die "Tatort"-Wiederholungen einschalten, aber nur zwei Millionen Grafs Serie, ist bedauerlich. Fernseh(un)logik. Ein Beweis für den bequemen Pantoffelzuschauer, der nur guckt, was er kennt? Vielleicht. Reicht das aus als Begründung für diese stumme Kapitulation der Öffentlich-Rechtlichen vor dem Quotendiktat? Zwei Millionen sind nicht nichts. Dafür vergrätzt man mit solchen Aktionen auf Dauer einen Ausnahmeregisseur wie Dominik Graf, der angesichts der nächtlichen Ausstrahlung gekränkt von einer "Ohrfeige für den treuen Zuschauer" spricht. Auf dem deutsch-französischen Kultursender Arte lief die mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete Serie zuvor mit respektablen Quoten, gepaart mit einer hohen Anzahl von Abrufen in der Arte-Mediathek. Dies ist ein zu wichtiges Produkt, als dass ein Sender es nach Mitternacht einfach so wegsenden sollte.