Gedenkkonzert als Feier des Lebens: Die Leipziger Koloratursopranistin Simone Kermes gastierte bei den Symphonikern in der Laeiszhalle.

Hamburg. Hofknicks vor allen Damen, die das folgende Wort inkommodiert. Aber auch am Morgen danach findet sich keins, das besser passt. Die Sopranistin Simone Kermes ist ein Vollweib, ja, ein Prachtweib. Wenn sie singt, bebt alles an ihr. Ihre Stimme ist zu unbeschreiblicher Süße fähig, aber auch zu solcher Power, dass sie einen im Streit wahrscheinlich glatt in Stücke singt. Dazu noch diese flammend roten Haare und ein Kleid, das an die kapriziöse Verpackung eines Geschenks denken ließ, das Männer in Parfümerien für ihre Frauen erwerben.

Und ein Geschenk war Frau Kermes ja auch. Zu Ehren der vor wenigen Wochen im Alter von 83 Jahren verstorbenen australischen Primadonna Joan Sutherland, die die Venezianer früh und imagefördernd "La Stupenda" (Die Fabelhafte) tauften, sang die Leipziger Koloratursopranistin in der Laeiszhalle Arien von Händel, Mozart, Rossini, Verdi und Bellini sowie zwei zugegebene Barock-Piècen von Vivaldi und Purcell.

Sie tat dies technisch makellos, mit präziser Intonation und schön dosiertem Brio, voller Saft und Hingabe. Den ersten Bravoruf aus dem entzückten Parkett quittierte Simone Kermes mit Verschwörermiene und hochgerecktem Daumen. Kompromisslos in ihrer Kunst, aber eine zum Pferdestehlen.

Unter der Leitung des Kapellmeisters Matthias Foremny aus Schwerin gaben die Hamburger Symphoniker, was in der knapp bemessenen Probenzeit möglich war. Die großen Bögen stimmten, die Details, insbesondere in der Ouvertüre zu Rossinis "Semiramide", waren wenig ausgearbeitet.

Arvo Pärts Orgelmeditation "Pari Intervallo", die man sich mathematischer exekutiert gewünscht hätte, und zwei Orchesterstücke von Ralph Vaughan Williams boten einen reizvollen Kontrast zum Leipziger Gefühlskraftwerk. Der "Klassik Radio"-Moderator Holger Wemhoff führte kenntnisreich und gewitzt durchs Programm.