Die britische Pop-Ikone Joe Jackson beweist mit seinem Konzert in der Fabrik, dass er auf der Bühne noch immer eine Klasse für sich ist.

Hamburg. Joe Jackson ist Musiker durch und durch. So einer braucht keine künstlich erzeugte Popularität durch ausgefallene YouTube-Videos, und auch auf hampelnde Backgroundsängerinnen kann er gut verzichten. Bei Jackson zählt nur die Musik. Und wenn da beim Konzert mal der Bass nicht gut ausgesteuert ist, wird der Song eben nach drei Takten abgebrochen.

"Das ist Livemusik, Folks", scherzt der Brite bei seinem Auftritt in der fast ausverkauften Fabrik und setzt bei "Citizen Sane" mit seinem Bassisten Graham Maby und Schlagzeuger Dave Houghton noch einmal von vorne an. Beide sind Wegbereiter Jacksons seit den späten 70er-Jahren.

So viel Kontinuität will fast gar nicht mehr ins Bild des schnelllebigen Pop-Kosmos passen. Den hier versammelten ist sie jedenfalls ein ausdrückliches Bedürfnis. Gut gealterte Musikliebhaber, die den Briten noch von seinen Erfolgsalben "Night And Day" (1982) oder "Body And Soul" (1984) kennen, und deutlich jüngere Anhänger, die eine lebende Piano-Legende begutachten wollen, mischen sich.

Weil Jackson den ganzen Abend am Flügel sitzt, fällt es manchem schwer, an den Säulen vorbei eine Sichtlücke auf ihn zu erhaschen. "Das ist Dorian Gray. Der altert einfach nicht", sagt eine Besucherin. Und das lässt sich hören. Die Stimme hat noch die gleiche gläserne Kraft, den Schmelz und die Süffisanz. Der stets ein wenig spitzbübische Ausdruck ist einer eleganten Grandezza gewichen. Mehr denn je blickt der 56-jährige gebürtige Brite, der inzwischen Berlin zu seiner Wahlheimat erklärt hat, mit Nonchalence auf das Leben.

In den Songs seines letzten Albums "Rain" (2008) lädt er zur "King Pleasure Time" oder nennt sich "Too Tough". Obwohl er an diesem Abend Reggae, Soul und Jazz in immer wieder neuer Mischung präsentiert, wirkt der Auftritt wie aus einem Guss. Behende lässt Jackson seine flinken Finger über die Tasten seines Flügels und sein Keyboard schwirren. Lacht und scherzt mit seinen Mitmusikern. Und macht sich über Journalisten lustig, die behaupten, seine Texte seien immer so traurig. "Die haben doch nichts verstanden. Das ist doch sehr positiv." In seinen jüngsten Kompositionen klingt er wieder ähnlich wie zu Zeiten seiner größten Erfolge in den 80er-Jahren, als er auf vermeintlich zynische Weise seiner Angebeteten empfahl "Be My Number Two". Auch dieser Song wird später am Abend unter großem Jubel erklingen. Neben anderem "Old Shit", wie Jackson liebevoll seine alten Hits betitelt, darunter das unvergessliche "Steppin' Out" aus "Night And Day".

Mühelos gliedert er "Don't Get Around Much Anymore" von Duke Ellington ein, und wenn er mit John Lennon fragt "Is there anybody going to listen to my story?" (aus dem Beatles-Song "Girl"), muss man das mit einem klaren Ja beantworten. Die aktuelle Tournee wird er für ein Live-Album einspielen. Dann wird's aber Zeit für ein wirklich neues Album.