Das Birdland an der Gärtnerstraße feiert in diesen Tagen sein 25-jähriges Bestehen. Mit einem illustren Programm

Birdland. Früher zogen bläuliche Rauchwolken durch den Klub, die Luft war stickig. Verraucht ist das sicher am häufigsten gebrauchte Wort in Verbindung mit Jazz-Atmosphäre. Wer heute im Birdland rauchen will, muss die steile Treppe hinauf zum Eingang gehen und draußen in der Kälte seine Nikotinsucht befriedigen. An Atmosphäre hat der Klub an der Gärtnerstraße auch ohne Zigarettenqualm nicht verloren.

Im Gegenteil. Wenn das Birdland bei hochkarätigen Bands und Solisten aus allen Nähten zu platzen droht und die Zuschauer am Bühnenrand vor den Musikern kauern, ist jetzt wenigstens bessere Luft zum Atmen da. Wenn alle 110 Stühle besetzt sind und sich in jeder noch so kleinen freien Ecke weitere Gäste drängeln, strahlt Dieter Reichert. Seit 25 Jahren führt er, unterstützt von Frau Heide und Sohn Ralph, den Jazzklub in Hoheluft-West.

Ursprünglich war der Keller als privater Übungsraum für Reichert und ein paar seiner Freunde gedacht. Der Architekt und Baumeister war seit Teenagertagen ein begeisterter Jazzfan. Das Banjo war sein erstes Instrument, später wechselte er zum Tenorsaxofon über und verdiente sich als semiprofessioneller Musiker Geld für das Studium. Damals dachte er noch nicht an einen eigenen Klub.

Als vor 25 Jahren Dennis' Swing Club an der Papenhuder Straße schloss, hatte die Szene in Hamburg keinen Ort mehr für Modern Jazz. Reichert half mit seinem Übungskeller, baute ihn aus und öffnete ihn für die Öffentlichkeit bzw. dem Verein Jazz Federation Hamburg. So wurde das Birdland - der Name ist eine Reminiszenz an den New Yorker Jazzklub, der sich nach Charlie Parker benannte - ein Vereinslokal, in dem bald nicht nur Hamburgs Jazzer eine Heimstatt fanden, sondern auch große Namen auf der Bühne standen.

Die Programmzettel lesen sich wie ein Who's who des Jazz. Art Blakey hat hier getrommelt, die Brüder Branford und Wynton Marsalis haben New-Orleans-Flair nach Eimsbüttel gebracht, Weltklasse-Saxofonisten wie Joe Henderson, Johnny Griffin und Lou Donaldson bezauberten das Publikum mit feurigen Improvisationen, der zerbrechliche Trompetenton von Chet Baker erklang hier genauso wie die Stimme von Anita O'Day.

Zum Jubiläum hat Dieter Reichert ein paar prominente amerikanische Gäste eingeladen. Heute Abend ist im Birdland das Quintett des bedeutenden Hardbop-Pianisten Cedar Walton zu Gast, am morgigen Sonnabend kommt mit David Friedman einer der wichtigsten Vibraphonisten des zeitgenössischen Jazz nach Hamburg. Zusammen mit dem Kölner Saxofonisten Peter Weniger stellt er deren CD "Retro" vor, die wiederum bei Hamburger Label Skip Records erscheint. Am 20.11. steht mit dem Abraham Burton/Eric Mc Pherson Quartet weiterer Besuch aus New York an. Aber auch erstklassige Hamburger Musiker wie Herb Geller (19.11.) und Wolfgang Schlüter (26.11.) sind im Jubiläums-Herbst zu hören.

Möglich ist dieses Programm einzig durch die Leidenschaft, die Reichert immer noch für den Jazz empfindet. "Geld kann man damit nicht verdienen", sagt der Ruheständler. Seine Energie steckt er in den Klub, beim Buchen der Musiker unterstützt ihn sein Sohn Ralph, der ebenso wie der zweite Sohn Wolff Profimusiker geworden ist.

3550 Euro war der Kulturbehörde das 25 Jahre währende Engagement des Idealisten Reichert für drei seiner US-Künstler wert. "Wenn ein Drittel der Gagen öffentlich gefördert wird, fällt die Ausländersteuer weg", erklärt Reichert. Nur so sei es überhaupt möglich, noch prominente Künstler aus Übersee zu verpflichten.

Dieter Reicherts Traum ist immer noch eine institutionelle Förderung des Birdland. Aber angesichts leerer Kassen wird das ein Wunschtraum bleiben. Und große Geschenke zum Jubiläum gab es auch nicht.

Cedar Walton Quintet heute, 21.00, Birdland (Bus 20, 25), Gärtnerstraße 122, Eintritt 17,-

Friedman Weniger Quartett Sa 13.11., 21.00, Eintritt 13,-; Internet: www.jazzclub-birdland.de