Julia Fischer kommt mit dem London Philharmonic Orchestra

Laeiszhalle. Ein wenig ähnelt der Klassikbetrieb einem Kaleidoskop: Eine begrenzte Anzahl von Elementen, Spitzenmusikern, Ensembles und Werken wird in immer neuen Kombinationen durchgemischt. Mal ergeben sich faszinierende Konstellationen, mal nicht. Wenn heute Abend Julia Fischer und das London Philharmonic Orchestra in die Laeiszhalle kommen, stehen die Chancen für eine perfekte Mischung nicht schlecht. Jedenfalls deuteten die Spuren, die die Beteiligten in jüngster Zeit im Hamburger Konzertleben hinterlassen haben, in diese Richtung.

Das London Philharmonic Orchestra war zuletzt mit Julia Fischers großem Vorbild Anne-Sophie Mutter in Hamburg. Dabei bestätigte es erneut seinen Ruf als musikalisch und spieltechnisch blitzsauberes Spitzenorchester. Nur der Gastdirigent wirkte damals nicht übermäßig inspiriert. Nun aber kommt das ehemalige Orchester von Kurt Masur mit seinem derzeitigen Chef Vladimir Jurowski. Der ist nicht nur in Moskau geboren, sondern auch ein Experte fürs russische Repertoire: Mit Mussorgskis "Nacht auf dem kahlen Berg", Tschaikowskys Vierter Sinfonie und Schostakowitschs Erstem Violinkonzert hat er drei absolute Klassiker aus seiner Heimat im Gepäck.

Die Fischer spielte zuletzt mit den St. Petersburger Philharmonikern in der Laeiszhalle. Dabei präsentierte sich das russische Traditionsorchester, das in Sachen Schostakowitsch mal als Maß aller Dinge gelten konnte, leider in einem lamentablen Zustand. Julia Fischer dagegen zeigte sich wie eh und je: als makel- und müheloses geigerisches Präzisionswunder mit hoheitsvollem Lächeln um die Mundwinkel. Statt mit einem rumpeligen Schostakowitsch-Orchester kommt sie nun also mit den Londoner Top-Artisten und einem burlesken Schostakowitsch-Konzert.

Für den Veranstalter Christian Kuhnt, Geschäftsführer der Dr. Goette Konzertdirektion, bleibt der Abend der Spitzenbesetzung zum Trotz ein Risiko. "Mit dem Schostakowitsch auf dem Programm", so Kuhnt, "verkaufe ich weniger Karten als mit Beethoven." Dabei ist das von David Oistrach uraufgeführte Werk seit 50 Jahren ein Standardwerk der Violin-Literatur.

Quasi zur Versöhnung ist mit Tschaikowskys Vierter eines der meistgespielten Werke der Sinfonien-Literatur zu hören. Ein Bekenntniswerk, das sich fulminant von der Nacht zum Licht durchringt. Und mit Mussorgskis Hexensabbat "Ivanova noch' na Lïsoy gore" gibt es eine dämonische Orgie, "heißblütig und ausschweifend".

Julia Fischer und das London Philharmonic Orchestra heute 19.30 , Laeiszhalle (Bus 36, 112), Gorch-Fock-Wall 29; Eintritt: ca. 20,- bis 135,-