Die Collegepopper Jimmy Eat World sind immer noch pathetisch. Im Docks lieferten sie trotz ihres mediokren neuen Albums eine emotionale Show.

Hamburg. Die amerikanische Rockband Jimmy Eat World ist vor allem: ein Nostalgie-Befeuerer. Der Sound des Quartetts, das wie eine Ansammlung schnieker Schwiegersöhne aussieht, kommt direkt von der Hochschule. Man hat ein Bild vor Augen: Junge, ewigjunge Menschen mit Football-Jacken und Polo-Shirts vor sandsteinernen, alten Gemäuern, gelegen inmitten einer grünen Parklandschaft. Jimmy Eat World spielt seit Anbeginn ihrer Karriere Mitte der Neunziger immer den gleichen energischen Collegepop, bezeichnenderweise heißt eines ihrer schönsten Stücke "23".

Das Docks war am Freitagabend ausverkauft, was gibt es Besseres für studentische Musikfans als ein Konzert auf dem Kiez; ganz egal, ob man schon die ganze Woche Biertrinken war und sowieso immer ausschlafen kann. Ausgeschlafen wirkte auch die Band, die sehr pünktlich gegen acht mit ihrem Set begann. Früher, vor gefühlt Äonen von Jahren, hat man den Brachialriffrock mit Harmonien und passioniertem Gesang mal "Emocore" genannt: Emotionen und Hardcore halt. Naja.

Sänger Jim Adkins steht auch nach 639 Konzerten, mindestens, wacker und emotional geschüttelt am Mikrofon. Der erste Song der Hamburg-Show hieß "Bleed American", man kann ihn aber auch "Salt Sweat Sugar" nennen. Die "Bleed American" betitelte CD wurde 2001 ebenfalls umbenannt (in "Jimmy Eat World"), in Manhattan waren gerade zwei Hochhäuser eingestürzt. Wäre man zynisch, man müsste sagen: Das ist auch schon die interessanteste Geschichte dieser so amerikanischen Band, die in der "Bleed American"-Phase nah dran war am richtig großen Erfolg. "The Middle", beim Konzert die vorletzte Zugabe, wurde damals im Radio rauf- und runtergespielt, zumindest in Amerika.

Was danach kam, blieb freilich blass, und so verwundert es nicht, dass Jimmy Eat World die Veröffentlichung des reichlich mediokren aktuellen Albums "Invented" zuletzt hinauszögerte, um erst mal den zehnten Geburtstag ihres besten und wirklich großartigen, frischen Albums "Clarity" zu zelebrieren: mit einer Tournee. "Clarity" war damals ein Versprechen, "Lucky Denver Minit" ein hübscher Hit mit süßem Video: in dem die durchschnittlichen, netten Jungen die körperlich überlegenen Fieslinge aufs Kreuz legen. Im Docks spielte Jimmy Eat World, die durchschnittlich gewordene Band mit großer Vergangenheit, viele Songs von "Clarity" und "Bleed American", und nicht so viele von den neueren Alben.

Früher war halt alles besser. Und vielleicht ist das dick geschichtete Pathos, die ausgreifende und manchmal auch banal wirkende Geste von Songs wie "Dizzy" irgendwann auch mal ausgereizt. Eigentlich war Jimmy Eat World immer schon im Schwergewicht unterwegs, weswegen Musikkritiker sie gerne selbst aufs Kreuz legen. Den Fans ist es egal: Sie wollen Hymnen. Und sie bekommen sie.