Die Mezzosopranistin Magdalena Kozena als Repertoire-Perlentaucherin

Hamburg. Es war wirklich sehr apart, wie sich Magdalena Kozena in ihrer neuen Rolle als frühbarocke Beziehungsbardin gab. Barfuß, demonstrativ gut geerdet also, promenierte die lange unter leisem Diven-Verdacht Stehende auf die Bühne der Laeiszhalle; begleitet wurde sie von der kleinen, feinen Spezialisten-Band "Private Musicke". Fehlte nur noch etwas Mondlicht, eine laue Sommernacht und viel italienischer Wein zur perfekten Serenaden-Stimmung.

Für ihr neues Album hat die elegante Mezzo-Sirene, deren Stimmtimbre in den letzten Jahren aufs Schönste gereift und gerundet ist, mediterrane Preziosen aus dem frühen 17. Jahrhundert zusammengestellt: zeitlos herzzerreißende Lieder und Arien über Liebe und Leid, Verführung und Verlust, von auch heute noch bewunderten Stars wie Monteverdi, aber auch von Unbekannten wie Biago Marini oder Sigismondo D'India. Eine ganz besondere Entdeckung: die Venezianerin Barbara Strozzi und deren Ciaccona über den verliebten Heraklit. Die grazile, mitunter sogar sanft swingende Instrumentation - Laute, Theorbe, Harfe, zur virtuosen Aufhellung eine Barockgitarre - war so fein und durchsichtig gewoben, dass Kozena freie Bahn hatte, um jedem im Saal für 80 pausenlose Minuten das Herz mit sanftem Lächeln in viele kleine Teile zu brechen.

Mit der androgynen, erschütternden Klarheit, die der Countertenor Philippe Jarousskys Monteverdis Lamento "Si dolce è il tormento" entlockt, kann Kozena nicht konkurrieren. Was den Reiz des Vergleichs aber nur noch größer macht. Kozena, hochexpressiv und aufbrausend, war hier ganz Frau. Ganz allein. Eine Tragödin von Format, die in nicht einmal vier Minuten ein episches Drama durchlitt. Ein hinreißend unkonventionelles Konzert-Ereignis hatte hier einen seiner vielen Höhepunkte.