Die “Deutschland-Safari“ des Provokateurs Henryk M. Broder ist erfrischend unorthodox

Wer "politisch korrekt" bestellt hat, wird hier nicht glücklich. Wer noch nie einen Text von Henryk M. Broder gelesen hat, fühlt sich möglicherweise überfordert. Wer allerdings einen Humor pflegt, in dessen Koordinaten eine jüdische Nervensäge, ein muslimischer Besserwisser und ein sprechender Terrier namens Wilma Platz finden, ja, der könnte sonntags künftig länger aufbleiben wollen, um in der ARD um 23.35 Uhr auf "Deutschland-Safari" zu gehen.

"Entweder Broder" heißt das Format, für das Provokateur Broder ("der Groß-Ajatollah der journalistischen Polemik") und der in Ägypten geborene und in Deutschland lebende Autor Hamed Abdel-Samad (bestens integrierter Sohn eines Imams) zunächst fünf Folgen lang durch die Republik reisen, um - ja, was eigentlich zu suchen? Die beste Pointe? Die schrägste Situation? Beides ergibt sich eher von selbst - und zwar vor allem, weil es den beiden Reisenden durchaus (auch) ernst ist. Wenn sie die Integrationswilligkeit eines muslimischen Brezlverkäufers erkunden zum Beispiel oder in Auschwitz (vor dem Weg in die Kantine) darüber nachdenken, ob der Satz "Arbeit macht frei" nicht eigentlich ganz klug wäre, hätten ihn nicht die falschen Leute verwendet.

Überhaupt, die falschen Leute. Sie konfrontieren die beiden mit besonderem Genuss: zwei sich windende NPD-Parteimitglieder, eine Gruppe alter Stasi-Funktionäre, die der DDR vor allem eines übel nehmen: dass sie so "verweichlicht" war. Der Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte ist ein roter Faden des eigenwilligen Trips durch die Lande, die Grenze zur Geschmacklosigkeit wird mit Anlauf übersprungen. Die vielleicht bezeichnendste Szene ist jene, in der sich Broder als graue Mahnmal-Stele verkleidet und zu einer Jubiläumsveranstaltung des Berliner Holocaust-Mahnmals tappst. Wenn kein Fettnäppfchen da ist, muss man sich halt eines basteln. Interessant ist dabei, dass oft nicht ganz klar ist, wer sich hier eigentlich (mehr) blamiert: die vermeintlich Aufrechten und Korrekten oder die, die den unorthodoxen Weg der Satire gehen. Es ist mal so, mal so.

Für den Fernsehzuschauer ist es jedenfalls erfrischend anders, wenn das mit religiösen Symbolen vollgesprayte Broder-Mobil sich fortan an auf den Weg macht und nebenbei den "Schlüssel zur Integration" entdeckt: über sich selbst lachen zu können.

Entweder Broder ARD, 7.11., 23.35 Uhr