Ein Fabel-hafter Hamburg-Krimi nach dem Roman “Wolfsfährte“ von Bestsellerautor Craig Russell mit Anspielungen auf die Brüder Grimm.

Hamburg. Jan Fabel ist Kriminalhauptkommissar und Teamleiter der Hamburger Mordkommission. Er ist wortkarg und gilt als schwierig, psychisch nicht mehr ganz so stabil, seit bei einem Einsatz unter seiner Leitung ein Kollege erschossen und eine Kollegin verletzt wurde. Nach drei Monaten setzt sich die Polizeipsychologin Susanne Eckhardt (Marie-Lou Sellem) für Fabels Rückkehr in den Polizeidienst ein. Was zunächst aussieht wie ein Routinefall, entwickelt sich zum Katz-und-Maus-Spiel zwischen Ermittlern und einem Serienmörder mit sehr speziellem literarischen Ehrgeiz.

Die erste Tote ist ein schönes junges Mädchen mit der Nachricht "Nun bin ich gefunden worden. Ich bin unter der Erde gewesen, und nun wird es Zeit für mich heimzukehren." Eine Anspielung auf ein Märchen der Brüder Grimm. Auch den nächsten Mordopfern werden, quasi als Gebrauchsanweisung für Fabel und sein Team, kleine Zettel mit winzig geschriebenen Hinweisen auf Märchen verpasst. Die Mär von einem Werwolf geht um - und Fabel heftet sich auf die "Wolfsfährte".

Peter Lohmeyer spielt diesen Kommissar Fabel. Der Wahlhamburger mag die Gradlinigkeit seiner Figur und die "absolute Leidenschaft für den Polizistenberuf. Dabei vergisst er sein Privatleben allerdings vollkommen". Exzentrisch ist Fabel dennoch eher nicht. Das überlässt Autor Craig Russell seinen Mördern, da ist dieser Wesenszug deutlich besser aufgehoben.

"Wolfsfährte" ist die erste TV-Verfilmung eines Kriminalromans von Craig Russell, der bereits knapp ein halbes Dutzend Bücher um den wortkargen Jan Fabel geschrieben hat. Sollten die Zuschauer die anspruchsvolle, harte Krimi-Kost am Sonnabend zu schätzen wissen, sollen weitere folgen.

Der in Schottland lebende Russell mag Deutsch und die Deutschen, und ganz besonders mag er Norddeutschland, seit er 1990 einen Bildband mit leicht melancholischen Kleinstadt-Fotos in die Hände bekam. "Ich muss da hin", sagte er seiner Frau, seitdem machte er sich Jahr für Jahr auf den Weg. Mit diesem Märchen-Thriller räumt Russell auch mit dem sich hartnäckig haltenden Irrglauben auf, dass die Es-war-einmal-Erzählungen durch und durch harmlos seien. "Mir geht es um den Hintergrund der Märchen, die ursprünglich ja nicht so nett und süß waren", sagte er. "Ich glaube, dass es immer schon Serienmörder gab - nicht erst, seit wir Thriller-Autoren darüber schreiben. Und dass Märchen eine Warnung vor dem Bösen und Merkwürdigen waren."

Bei seinen literarischen Vorbildern hat sich Russell mit Henning Mankell und Raymond Chandler steil nach oben orientiert; beide gelten als Meister darin, die Abgründe hinter dem vermeintlich Normalen unerbittlich und gründlich auszuleuchten. "Ich finde es faszinierend zu sehen, wie Menschen, die eine ganz gewöhnliche Sozialisation erfahren haben, zu Monstern werden können." In Büchners "Woyzeck" heißt es dazu: "Der Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hinabsieht." So gesehen, ist Russell offenbar weitgehend schwindelfrei. Im Roman wie nun auch in der Verfilmung spielt Hamburg eine zentrale Rolle. Russell verteilt in "Wolfsfährte" seine Leichen schön gleichmäßig und mit viel Ortskenntnis über den hiesigen Stadtplan: mal in Blankenese, mal in den Harburger Bergen, beim Planetarium oder auf dem Ohlsdorfer Friedhof.

Es ist ein düsteres Hamburg, das Drehbuchautor Daniel Martin Eckart, Martin Kukula (Kamera) und Urs Egger (Regie) zeigen. Lohmeyer: "Ich habe in manchem meine Stadt nicht wiedererkannt."

Russell ist für "Wolfsfährte" 2007 mit dem Hamburger Polizeistern ausgezeichnet worden - als bisher einziger Ausländer - und hat damit nur knapp den Ehren-Jan-Fedder-Status verpasst. Autor Russell hat übrigens nicht nur ein Händchen fürs Schreiben, sondern auch für Selbstironie: "Meine Bücher sind hoffentlich interessant. Ich bin es nicht."

Der Krimi basiert auf Craig Russells gleichnamigen Roman (aus dem Englischen von Bernd Rullkötter), der als siebter Band in der Abendblatt-Krimibibliothek erschienen ist.