Ulrich Tukur präsentiert seine Swing-Platte “Mezzanotte“ mit Liedern über die Nacht im St.-Pauli-Theater. Das Abendblatt verlost zwei Karten.

St.-Pauli-Theater. Ulrich Tukur ist ein grandioser Geschichtenerzähler. Als Darsteller bringt er uns mit seinem prägnanten Schauspiel die große Historie nahe, das DDR-Regime in dem Oscar-prämierten Film "Das Leben der Anderen" etwa. Doch der 53-Jährige kann sich auch auf die kleine Form des Erzählens kaprizieren. Am Allerschönsten gelingt ihm das als Musiker, wenn er im schnellen Wechsel die Stimmungen der Songs durchläuft.

Auf seiner aktuellen Platte "Mezzanotte", die Tukur am Sonnabend mit kleinem Orchester im St.-Pauli-Theater präsentiert, hat er zusammen mit Pianist und Arrangeur Lutz Krajenski wunderbar süffige, anrührende, beschwingte und schaurige Lieder über die Nacht versammelt. "In der Nacht fängt das Leben an zu glühen, das am Tag verborgen ist", sagt Tukur. Und in den Stücken finden sich all die Rollen, die dem Akteur liegen: der Träumer in "Underneath the Arches" aus dem Jahr 1931, der verliebte Filou in "Ich pfeif' heut Nacht" von 1938, der melancholische Schlaflose in "Die kleine Stadt will schlafen geh'n" von 1940.

Tukur bezeichnet sich als "musikalisch asynchrone Person". Sein Metier sind nicht die Trends der postmodernen Popwelt, sondern die Swing-Songs, Schlager und Chansons der 20er- bis 40er-Jahre. Jedoch ist er kein steif befrackter Chronist dieser Epoche. Seine Interpretationen und auch die raren Eigenkompositionen bergen zwar eine nostalgische Note, funktionieren aber dank viel Esprit auch in der Gegenwart.

Mit Leib und Seele pflegt Tukur den Anachronismus. Nicht nur die eleganten Anzüge zu Hut und Ringelhemd und sein teils herrlich artikulierter Tenorgesang haben patinierten Charme. In seiner Zweitwohnung in Venedig stehen zwei Musiktruhen aus den 50er-Jahren, um die rund 2000 Schellackplatten abzuspielen, die der Künstler gesammelt hat.

Tukur ist eine Art musikhistorischer Flaneur, der nicht nur das mitnimmt, was offensichtlich auf der Straße liegt, sondern auch jenen Fundstücken Beachtung schenkt, die versteckt am Wegesrand zu finden sind. So nahm er für die Deutsche Grammophon auch den alten sehnsuchtsvollen Schlager "Hörst du das Meer" von Wera und Alexander von Chevtschenko auf. Einst von der Österreicherin Maria von Schmedes gesungen, konnte Tukur nun den in den 40er-Jahren populären Ufa-Star Margot Hielscher für ein Duett gewinnen.

Wenn Tukur die Begegnung mit der über 90-jährigen Dame in ihrer Münchner Villa schildert, bricht der Geschichtenerzähler gänzlich aus ihm heraus: "Sie hatte eine Flasche Champagner gekühlt und uns erzählt, wer alles schon da war. Leonard Bernstein und Erich Kästner und Benny Goodman, die kannte alle. Das war eine unglaublich schöne Frau." Weiter führt er aus: "Und dann haben wir gesungen. Man hört, das ist eine alte Stimme, aber ihre Intonation ist fabelhaft. Entzückend!"

Bei all dem Hang zum nächtlichen Zauber überrascht es schon, dass Tukur selbst eher Tagarbeiter ist. "Ich arbeite am Effektivsten von acht bis zwölf", erzählt er. Derzeit schreibt Tukur, nach seinem Buch über Venedig, an einem fantastischen Roman. Doch die Nachtstunden haben als Zeit der Muse nicht gänzlich ausgedient. Seine Texte legt er sich am Abend ausgedruckt neben das Bett. "Wenn ich mitten in der Nacht aufwache und einen Gedanken habe, muss der Bleistift direkt daliegen."

Beim Tourauftakt im St.-Pauli-Theater wird das Publikum nun so einiges aus Tukurs Feder zu hören bekommen. Für das Programm hat er Miniaturen geschrieben, die die Lieder in eine poetische Reise von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen einbetten. Gewiss sind es schöne kleine Geschichten des großen Erzählers Tukur.

Das Konzert am 30. Oktober ist längst ausverkauft; zwei Abendblatt-Leser erleben es trotzdem: Wir verlosen ein Doppelkarte inklusive Drinks an der Theaterbar. Wer die Tickets ergattern möchte, ruft bis 29.10., 12 Uhr, die Gewinnhotline T. 0137/808 40 11 91 an (50 Cent pro Anruf aus dem Festnetz) oder schickt eine SMS mit LIVE WIN TUKUR an die Kurzwahl 52020 (49 Cent pro SMS) und nennt auch Name, Alter und Telefonnummer. Viel Glück!