David Fray , französischer Konzertpianist, vermittelt Schülern aus Neugraben sein Gefühl für Musik, heute Abend spielt er in der Laeiszhalle

Laeiszhalle. Am Vortag seines heutigen Solodebüts in Hamburg hockt der französische Pianist David Fray, 29, auf einem Stuhl in der dritten Reihe des Horowitz-Saals im Steinwayhaus in Bahrenfeld. Er lauscht dem Mittelstufenchor des Gymnasiums Süderelbe aus Neugraben, rund 35 Kinder der Klassen sieben bis neun singen für den Gast zwei Lieder aus dem Film "Die Kinder des Monsieur Matthieu". Aber gekommen sind sie natürlich, um ihn zu hören.

"Mozart und ich" lautet der Arbeitstitel der nun folgenden improvisierten Education-Stunde, und Fray gibt sich alle Mühe, in der Kürze der Zeit in die Tiefe zu gehen. Anhand des Anfangs des langsamen Satzes des A-Dur-Konzerts Nr. 23 KV 488 versucht er den Schülern nahezubringen, was der Pianist Artur Schnabel mit dem Bonmot umschrieb, Mozart sei für Kinder zu leicht und für Erwachsene zu schwer. Aber die Schüler wissen nicht eben viel über Mozart, das Gespräch kommt schwer in Gang. Die Jahre um die Pubertät herum sind vielleicht nicht die günstigsten, um im Kreis der Mitschüler etwas von sich preiszugeben, das irgendwie mit Gefühlen zu tun hat.

Um wenig anderes aber geht es David Fray, der sich mit Vorliebe deutschen Komponisten und der Wiener Klassik widmet, sie jedoch typisch französisch interpretiert: Mit Empfindung und voller delikater Klangfarben, dabei aber mit einer clarté , die ihn in sicherer Distanz zu den Sümpfen der Sentimentalität hält.

Heute Abend spielt David Fray ausschließlich Werke von Mozart und Beethoven; wie er den Schülern verrät, entzündet sich seine Begeisterung für deren Kompositionen auch an dem Antagonismus zwischen Anstrengung (Beethoven) und völliger Abwesenheit von Anstrengung (Mozart). Mit seinen ruhig agierenden Händen ertastet Fray manches Geheimnis der Musik, und wenn einige Schüler grinsen müssen, dann vielleicht deshalb, weil Frays Unterkiefer beim Spielen subtilster Passagen so mahlt und malmt, als gelte es, harte Körner zu zerkleinern.

Aber wer kann schon sagen, wie lange ein Samenkorn in der Erde dieser Heranwachsenden reifen muss, ehe es sich als zartes Pflänzchen ans Licht wagt? Noch in der Beantwortung simpler Fragen erweist sich David Fray als einer, von dem man lernen kann. Nein, sagt er, Ruhm habe er nie angestrebt. Schön, wenn er käme. "Aber auch wenn ihr mich auslachen würdet oder doof fändet, wie ich spiele: Das würde mir nichts ausmachen. Man darf sich als Künstler nicht beirren lassen von äußeren Einflüssen." Guter Musikunterricht ist eben immer auch Charakterbildung.

David Fray, heute 19.30 Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Tickets zu 20,- bis 55,- (zzgl. Vvk.-Geb.) unter T. 35 76 66 66