Infernalischer Lärm mit Nick Caves Band Grinderman am 21. Oktober im Docks

Kann man Krach kontrollieren? "Ja!", sagt Nick Cave. Seine Band Grinderman ist ein perfektes Beispiel dafür. Die Musik des Quartetts entsteht aus wilden Improvisationen, in denen jeder noch so verquere Ton erlaubt ist. Wenn Cave mit seinen Mitspielern Warren Ellis, Martyn Casey und Jim Sclavunos sich zu diesen Sessions trifft, sollen Grenzen ausgelotet und überschritten werden. Diese Improvisationen sind wie eine Materialsammlung. Anschließend werden die mitgeschnittenen Ergebnisse auf ihre Güte hin bewertet, und es wird entschieden, was so gut ist, dass daraus ein Song erwachsen kann. Auf diese Art entstanden die Alben "Grinderman" und "Grinderman 2".

Wenn man dieses aktuelle Seitenprojekt mit Nick Caves erster Band Birthday Party vergleicht, tauchen Parallelen auf. Auch Birthday Party spielte vor 30 Jahren eine krude Mischung aus Punk, Lärm und Blues. Doch der in London lebende Australier Cave möchte seine erste Combo nicht mit Grinderman verglichen wissen.

Aus dem Künstlerwrack Nick Cave ist ein hellwacher Teetrinker geworden

"Birthday Party war eine Band mit ein paar jungen Typen, die ihre ganze Energie rausgelassen und eine Menge Drogen genommen haben. Das wäre heute nicht mehr wiederholbar. Bei Grinderman dagegen haben wir die volle Kontrolle über das, was wir tun und spielen." Drogen gibt es im Leben von Nick Cave schon lange nicht mehr. Aus dem heroinabhängigen Künstlerwrack ist ein hellwacher Teetrinker und Familienvater geworden.

Das "Mutterschiff" von Grinderman ist Caves Band The Bad Seeds, denn alle vier Mitglieder musizieren auch in dem Septett miteinander. "Aber vieles von dem, was wir mit Grinderman machen, geht mit den Bad Seeds nicht, weil die Absprachen dort anders sind", erklärt Cave. Romantische Balladen wie die Hits "Where The Wild Roses Grow" oder "Into My Arms" passen nicht zu dem brachialen Bluesrock von Grinderman. Auch biblische Anspielungen in den Texten wie zuletzt bei "Dig Lazarus Dig!" lässt Cave außen vor.

Die Grinderman-Songs sind voller Anspielungen auf mythische Figuren, Comic-Helden und Berühmtheiten aus der Wirklichkeit, die in assoziativen Welten miteinander in Beziehung gebracht werden. Bestes Beispiel dafür ist "Palaces Of Montezuma", in dem das Figurenszenario von der Tänzerin Mata Hari über den Jazztrompeter Miles Davis zu den Schauspielern Ali McGraw und Steve McQueen reicht, und die hängenden Gärten von Babylon genauso eine Rolle spielen wie das Negligé von Marilyn Monroe. "Grinderman 2" ist lyrisch insofern ein Konzeptalbum geworden, als dass sich hier schreckliche Dramen abspielen und das Böse hinter jeder Ecke lauert.

Ihren infernalischen Lärm erzeugen die vier mit einem Grinsen

Musikalisch klingt Grinderman, was übersetzt dem Schinderhannes entspricht, wie ein Hochdruckventil, durch das Cave und seine drei Mitstreiter ihre Wut rauslassen können. Die Schlagzeug-Beats von Sclavunos überschlagen sich, Caseys Bass zeigt sich als ein grollendes Monstrum, Ellis jagt seine Gitarrenriffs bei voll aufgedrehtem Verstärker durch Effektgeräte, Wah-Wah-Pedale und erzeugt schmerzhafte Rückkoppelungen in den Gehörgängen. Doch diesen infernalischen Lärm erzeugen die vier mit einem Grinsen. Jeder weiß hier genau, was er tut. Aber manchmal macht es Spaß, sich wie ein schreiendes Kind zu gebärden. Auch, wenn man wie Nick Cave schon 53 Jahre alt ist.

Grinderman Do 21.10., 21.00, Docks (U St. Pauli), Spielbudenplatz 19, Eintritt 40,- (Abendkasse); www.grinderman.com