In dem romantischen Krimi “Ondine“ lotet Neil Jordan die Grenzen zur Mythologie aus

Die Frau als Wassernixe - ein mythisches Wesen zwischen den Elementen, zwischen Geist und Mensch, eine Projektionsfläche für die Sehnsucht des Mannes, eine Wunschfantasie. Der Mythos der Undine geht auf Friedrich de la Motte Fouqués gleichnamige Novelle aus dem Jahr 1811 zurück. Dass ausgerechnet der irische Regisseur Neil Jordan einen Mythos der deutschen Romantik mit der irischen Sagenwelt verbindet, verwundert nicht. Schon mit "Zeit der Wölfe" (1984) hatte Jordan die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit ausgelotet.

Im Mittelpunkt seines neuen Films: Syracuse (Colin Farrell), ein ruppiger, geschiedener Fischer mit langen Haaren, der nur mühsam seinen Lebensunterhalt verdient. Eines Tages zieht er in seinem Schleppnetz eine junge, schöne Frau (Alicja Bachleda) an Bord. Angsterfüllt und vor Kälte zitternd, versucht sie panisch, sich vor anderen Menschen zu verbergen. Syracuse bringt Ondine, wie sie sich selbst nennt, darum kurz entschlossen im Häuschen seiner verstorbenen Mutter unter. Er pflegt sie, stiehlt für sie Kleidung und besorgt Lebensmittel. Ondine hingegen begleitet Syracuse bei der Arbeit auf dem Fischkutter. Mit einem Mal füllen sich die ins Wasser gelassenen Käfige mit unzähligen Hummern. Syracuse verliebt sich in die unwirklich erscheinende Glücksfee. Doch auch sie hat eine Vergangenheit ...

Wer ist diese Frau? Wohin wird die Geschichte führen? Zu den schönen Ideen von Jordans Drehbuch zählt, dass Syracuse das Erlebte an seine im Rollstuhl sitzende, aufgeweckte Tochter weitergibt - so als wolle er sich durch die Doppelung der Erzählung ihres Wahrheitsgehaltes versichern. Doch die nun folgende Krimihandlung mit unspektakulärem Showdown verortet den Film eindeutig in der Realität. Jordan interessiert sich kaum für die banale Auflösung, die möglichen dramaturgischen Zuspitzungen lässt er aus, was "Ondine" einen langsamen, unaufgeregten Rhythmus verleiht. Zur märchenhaften Atmosphäre tragen auch die betörenden Bilder von Kameramann Christopher Doyle bei. Er fängt die irische Landschaft mit Steilküste, tosendem Meer und kleinen Inseln als Sehnsuchtsort ein, in dem noch ein ursprüngliches Leben im Einklang mit der Natur möglich scheint.

Beurteilung: empfehlenswert Ondine Irland 2009, 104 Min., ab 12 J., R: Neil Jordan, D: Colin Farrell, Alicja Bachleda, Stephen Rea, Alison Barry, Tony Curran, täglich im Holi, Koralle; www.ondine-derfilm.de