Karen Michels auf den Spuren einer ungewöhnlichen Reise des Hamburgers Aby Warburg: Mit Bing in Rom, Neapel, Capri und Italien

Warburg-Haus. Die so bekannte wie gern erzählte Geschichte um den Kulturwissenschaftler Aby Warburg berichtet von einem Pakt des Hamburger Bankhaus-Sprösslings mit seinem Bruder Max: Dieser, der Jüngere, solle und dürfe anstatt seiner das väterliche Erbe antreten, schlug Aby vor. Aber nur gegen das Versprechen, ihm, Aby, zeit ihres Lebens jedes Buch zu kaufen, das er benötige. Angesichts der Sammelleidenschaft Aby Warburgs wurde das ein teures Vergnügen, und so kann man für Max nur hoffen, dass er nicht auch für die Reisen des Bruders aufkommen musste.

Was in irgendeiner Form aber bestimmt so gewesen ist; die wichtigen Kulturleistungen wurden nicht selten von denen erbracht, die es sich leisten konnten. Und so verdanken wir die (Londoner) Sammlung Warburg diesem frühen Deal.

Gleiches gilt auf gewisse Weise auch für ein Buch, das dieser Tage ausgeliefert worden ist und von einer Reise Warburgs berichtet: "Aby Warburg. Mit Bing in Rom, Neapel, Capri und Italien" heißt es. Der Kunsthistoriker Warburg baute sein geisteswissenschaftliches Gebäude auch auf seine Reisen, und besonders zu Italien hatte er ein inniges Verhältnis. Das neue, im frisch gegründeten Corso-Verlag erschienene Buch widmet sich der Reise, die fast am Ende seines Lebens stattfindet. 1928, Warburg ist 62, reist er mit der Philosophin Gertrud Bing, 36, in das Land jenseits der Alpen: Er hat eine theoretische und halb auch (durchaus!) touristische Agenda. Die beiden Deutschen machen ausgedehnte Besichtigungsprogramme, haben aber, wie die Autorin Karen Michels berichtet, neben Skulpturen, Kirchen, Fresken und Toren auch "das Wesen des Symbols" im Sinn. Für Warburg bündeln sich in einem Symbol komplexe Energien, und mit diesem Mix aus sinnenfroher und denklustiger Herangehensweise ist die Reise Warburgs und Bings ganz gut umrissen. Gleiches gilt auch hier wieder für das Buch: Karen Michels, eine habilitierte Kunsthistorikerin, begibt sich auf die Spuren der Hamburger, indem sie deren Tagebucheinträge, eigene Reflexionen und viele Abbildungen nebeneinanderstellt.

Auf diese Weise entsteht eine Art alternativer Reiseführer, der Sehnsucht weckt und Neugierde stillt. "Willkommen woanders", haben die Corso-Leute um Verleger Rainer Groothuis ihr erstes Programm genannt. Und das hat natürlich nur Platz für Anti-Baedekers wie dieses Italien-Buch, das einen Tagebuch-Eintrag Warburgs zitiert: "Neapel! Museo Nazionale an zwei Morgen erlitten; aufgerollt durch die Masse, die aber durch richtigen Akzent (infolge des immensen Raumes) aushaltbar gemacht ist."

Persönliches wird auch geäußert: "Kollege Bing sagt, ich hätte eine Schwäche für zuhörende Frauen. Durch Zahnschmerzen beeinträchtigt." Karen Michels und Martin Warnke präsentieren das Buch im Warburg-Haus.

Aby Warburg. Mit Bing in Rom, Neapel, Capri und Italien. Buchpräsentation mit Autorin Karen Michels. 19.10., 19.30, Aby-Warburg-Stiftung (U Kellinghusenstraße), Heilwigstr. 116, Eintritt frei