Der israelische Antikriegsfilm “Lebanon“ ist ein albtraumhaftes Meisterwerk, das jetzt etwas überraschend lediglich im Blankeneser anläuft.

Der Gestank des Diesels ist förmlich zu riechen. Über den Boden läuft Öl. Die Hitze ist zu spüren und auch die Angst. Vier junge Soldaten sind in einem Panzer in einem Gefechtseinsatz unterwegs. Hinter den feindlichen Linien. Nur das Zielfernrohr der Kanone bietet einen eingeschränkten Blick nach draußen. Dann gerät der Panzer in einen Hinterhalt und verirrt sich. Die Angst der Insassen wird immer mehr zur Panik.

"Lebanon" heißt Samuel Maoz' Film über den ersten Tag des Libanon-Feldzuges der israelischen Armee im Jahr 1982. Maoz hat ihn selber als Soldat miterlebt, der Panzerschütze Shmulik (Yoav Donat) ist im Film sein Alter Ego. Mehr als 20 Jahre hat Moaz gebraucht, um das Kriegstrauma von damals in diesem klaustrophobischen Antikriegsfilm zu verarbeiten.

"Lebanon" ist auch eine Anklage gegen die israelische Militärführung, die junge, unerfahrene Männer in ihren Kriegen regelrecht verheizt. Die Soldaten unter ihrem Kommandanten Assi (Itay Tiran) treffen eine Reihe falscher Entscheidungen, sie töten einen eigenen Soldaten, werden Zeugen, wie die Hisbollah eine Familie massakriert, ohne eingreifen zu können, sie irren durch eine zerstörte libanesische Stadt, ohne dass übergeordnete Armeestellen sie aus der Todeszone zurück auf sicheres Gebiet leiten können. Diese jungen Männer sind eher Opfer des Krieges denn Täter. "Der Libanon änderte mein Leben. Ich habe Mensche getötet, während ich dort war", sagte der israelische Regisseur.

Bis auf die erste und die letzte Einstellung spielt "Lebanon" ausschließlich im Inneren des Panzers. Parallelen zu Wolfgang Petersens "Das Boot" sind vorhanden, wobei Maoz seine Reduktion auf die Enge des Tanks konsequent durchhält.

Die eindeutige Aussage seines Films und die ungewöhnliche ästhetische Umsetzung waren ausschlaggebend dafür, dass "Lebanon" zu Recht im September 2009 mit dem Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig ausgezeichnet worden ist. Maoz' Parabel enthält Bilder, die den Betrachter in ihrem Schrecken überwältigen und sehr lange nachwirken. Der Wahnsinn des Krieges ist von Maoz auf beklemmende Art in einem albtraumhaften Film verdichtet worden, der jetzt etwas überraschend lediglich im Blankeneser anläuft.

Bewertung: überragend Lebanon Israel 2009, 93 Min., ab 12 Jahren; R: Samuel Maoz, D: Itay Tiran, Yoav Donat, Oshri Cohen, Zohar Strauss, Michael Moshonov, Ashraf Barhom, Rey Amsellem, täglich im Blankeneser; Internet: www.sonyclassics.com/lebanon/