Albert Wiederspiel, geboren in Warschau, leitet seit 2003 das Filmfest Hamburg.

Das war die ultimativ verbotene Platte meiner Kindheit! Ich war ein neun Jahre alter Kopenhagener, als Serge Gainsbourg und Jane Birkin musikalisch ins Mikro stöhnten und die halbe Welt empörten. Kopenhagen gehörte 1969 noch weniger als heute zu den Bastionen der Frankofonie - und ich wollte ja partout wissen, was der Mann und die Frau da sangen ...

Als Verwandte aus Belgien zu Besuch kamen, wurde der Text stark zensiert für die Erwachsenen übersetzt - nur, was hatte ich davon?!? Es dauerte lange zehn Jahre, bis ich "Je t'aime ... moi non plus" verstand. Da lebte ich bereits in Paris und war ziemlich stolz als ich merkte, dass ich den Text begreife. Und das nicht nur sprachlich.

Vier Jahrzehnte später hat "Je t'aime ... moi non plus" nichts von seiner Wirkung verloren. Die erotische, ja fast pornografische Poesie der anderen Lieder fasziniert ebenso bis heute: "Jane B." von Jane Birkin auf ein Präludium von Chopin geflüstert oder "Sous le soleil exactement" gesungen von der Diva der Nouvelle Vague Anna Karina. Und unvergessen: "Les sucettes" (Die Lutscher), ursprünglich von France Gall gequäkt, jetzt vom Meister selbst als ein Stück Voyeurismus vorgetragen.

Als Gainsbourg 1979 "Aux armes et cætera" - eine Reggae-Version der Marseillaise - veröffentlichte, schockierte er erneut. Diesmal ganz anders. Da war ich ihm bereits total verfallen.