Melike Bilir zeigt in der Galerie der Woche exotische Arbeiten der jungen Künstlerin Verena Issel: Verena Issel - Wege, Acker, Garten, Schutt

Galerie Melike Bilir. Die heimische Natur hatte es bekanntlich dem 19. Jahrhundert angetan. Was da alles kreucht und fleucht und so unscheinbar am Wegesrand liegt, erzeugte eine gesteigerte Aufmerksamkeit. Und was damals galt, gilt heute im Besonderen. "Wege, Acker, Garten, Schutt" nennt Verena Issel ihre aktuelle Ausstellung in der Galerie Melike Bilir am Klosterwall, bei der es von Blüten und Pflanzen nur so wimmelt.

Doch Vorsicht, Kunstfalle! Wir befinden uns auf dem Terrain der Kultur, nicht in den Gefilden der Botanik. Und aus heimischen Gewächsen reifen schnell exotische heran. So hat Verena Issel einen ganzen Palmenhain gepflanzt. Mit Namen wie "Zicken-Palme", "Franz-Erhard-Walther-Palme" oder "Deutsche-Bank-Palme" geben die Gewächse auch schnell zu erkennen, dass hier nicht die Ordnung der Natur gesucht wird.

Mehr schlecht als recht oder auch umgekehrt gedeiht mit ihnen moderne Identität als kulturelles Biotop. Mit irgendwas wird man ja schließlich seine seltsamen Blüten im Leben treiben müssen. Und dass man dafür nicht zu den Sternen greifen muss, sondern Abwegiges genügt, demonstriert das Material dieses Palmenhains. Es ist ganz alltäglicher Müll, darunter auch Künstlermüll, den die Studentin der bildenden Künste in Hamburgs Kunsthochschule fand.

Ihre Palmen, Wandbilder und kleinen Objekte sind jedoch so liebevoll arrangiert, dass sich der Eindruck von Trashigem kurzerhand in eine Anmut des Armen verwandelt. Eine Autofußmatte aus Gummi als Wandbild? Warum nicht. Ein paar Folien und ein Schlauch als abstrakte Komposition? Geht auch.

Dass die Künstlerin dabei auch durchaus wirtschaftlich denkt und in Zeiten knapper Kassen mit ganz wenigem auszukommen vermag, bewies Verena Issel schon Anfang des Jahres. Zwölf ihrer männlichen Kommilitonen bat sie damals, im Adamskostüm vor ihrer Kamera aufzutreten.

Daraus entstand dann der viel beachtete Kunstkalender "Artboys 2010". Ein origineller Kunstgriff, mit dem die junge Künstlerin die aktuelle Wirtschaftskrise sinnfällig mit männlichem Pin-up-Sex-Appeal verband.

"Wege, Acker, Garten, Schutt" ist noch bis 24. Oktober in der Galerie nahe dem Hauptbahnhof ausgestellt. Seit Anfang des Jahres hat Melike Bilir, die ehemalige Betreiberin des "Walk of Fame", ihre eigenen Galerieräume, in denen sie zusammen mit Oliver Ross ausgesuchte Positionen aktueller Kunst präsentiert. Mit Verena Issel ist das den Ausstellungsmachern erneut auf außerordentlich anschauliche Weise gelungen.

Verena Issel - Wege, Acker, Garten, Schutt Galerie Melike Bilir, bis 24.10., Klosterwall 4 (U/S Hauptbahnhof), T. 38 66 56 77, Öffnungszeiten: Di-Fr 15.00-19.00, Sa 15.00-17.00 und nach Vereinbarung; Internet: www.melikebilir.com