Die Ballettfotografien von Rebecca Hoppé berühren die Seele des Tanzes, ab heute sind sie im Levantehaus zu sehen

Galerie Levantehaus. Tänzerinnen und Tänzer bei der Arbeit. Im Trainingssaal beim Aufwärmen, beim Üben und bei der Probe. Die Solisten und Gruppentänzer sind dann in der Maske beim Schminken zu sehen. Oder halb im Kostüm vor dem Spiegel in der Garderobe. Schließlich in der Vorstellung auf und hinter der Bühne. Vor dem Auftritt im Augenblick der Konzentration. Beim Bravourakt im Scheinwerferlicht. Und danach in der Entspannung und Erschöpfung.

Unspektakulär, doch faszinierend und stets die Atmosphäre treffend, zeichnet die Hamburger Fotografin Rebecca Hoppé in wundervoll weich schattierten Schwarz-Weiß-Fotografien den Weg eines Balletts vom Trainingssaal bis zur Aufführung nach - aus der Perspektive der Tänzer. Und nicht des Choreografen und seines Werks. Denn sie sind es, die mit Fantasie und Energie, mit all ihrem Können und ihrer Persönlichkeit ein Ballett - sei es von George Balanchine oder von John Neumeier - gestalten und auf der Bühne zu lebendiger Kunst werden lassen.

Etwa 40 großformatige Fotografien sind in der Ausstellung "Rebecca Hoppé: Ballett" zur Präsentation des bei Edel:Momenti erschienen Bildbandes ab heute im Levantehaus zu sehen. Sie sind zwischen 2003 und 2007 entstanden und dokumentieren den gar nicht immer so glanzvollen, sondern bei aller Freude am Tanz auch mühsamen Alltag von Solisten und Ensemble im Hamburg Ballett John Neumeier.

Ein großer Teil sind Porträtstudien, die auch das Buch eröffnen - darunter durch Licht und Schatten abstrahiert wirkende Aktstudien von Joëlle Boulogne, Catherine Dumont, Heather Jurgensen, von Otto Bubenicek und Sébastien Thill. Die inszenierten Aufnahmen von Künstlerpaaren wie Anna Polikarpova und Ivan Urban, Lloyd Riggins und Niurka Moredo oder Silvia Azzoni und Alexandre Riabko wirken intim und direkt, sind aber zugleich raffinierte Kompositionen. Eine für Ballettfotos untypische Studie der barfuß tanzenden Azzoni springt geradezu ins Auge.

Ungeachtet ihres hohen Körperbewusstseins scheint die Erste Solistin für diesen Moment ganz frei zu sein von einem Willen zu eleganter Form oder narzisstischem Gefallenwollen: Sie gibt sich der Kraft der Musik und ihres stampfenden Tanzens rückhaltlos hin.

Rebecca Hoppé berührt in ihren Bildern nicht nur die Seele des Tanzes, sie gibt ihnen etwas vom ursprünglichen Geist der Fotografie, den Augenblick der Wahrheit festzuhalten. Sie verweigert die Technik der Digitalfotografie, arbeitet analog auf Film. Ohne Blitzlicht fängt sie das Spiel der Körper und Linien in den weichen Kontrasten zwischen natürlichem Licht und Schatten ein und lässt in den kunstvollen, doch nie künstlich, manipuliert oder verfälscht wirkenden Bildern etwas von der Einfachheit und Magie eines Nadar (1820-1910) aus den Pionierzeiten der Porträtfotografie aufleben.

Ein anderer berühmter Fotokünstler gehört zu Hoppés Familie: Sie ist die Urenkelin von Emil Otto Hoppé (1878-1972), einem der bekanntesten Porträtfotografen seiner Zeit. Er dokumentierte in London 1911 Aufführungen von Les Ballets Russes. Die Rollenporträts von Tamara Karsawina und von Vaslav Nijinsky als "Geist der Rose" im Fokin-Ballett "Le Spectre de la Rose" hat Hoppé in ihr Buch als Hommage aufgenommen. Im Vorwort bekennt sie ihr anfängliches Desinteresse am Fotografieren, doch als sie den Bildband ihres Urgroßvaters "Studies from the Russian Ballet" in die Hand bekam, dachte sie: "Ja, das mache ich auch. Auf meine Art und Weise."

Heather Jurgensen, bis 2007 Solistin im Neumeier-Ensemble, bezeichnet in ihrem Vorwort den Bildband als eine Herzensangelegenheit für die Fotografin und schreibt als schönstes Kompliment an sie: "Blicken wir Tänzer auf Rebecca Hoppés Fotos, sehen wir uns gespiegelt und erhalten zugleich einen Eindruck, wie wir von außen gesehen werden."

Rebecca Hoppé: Ballett: Fotoausstellung, Galerie im Obergeschoss des Levantehauses (S/U Hauptbahnhof), Mönckebergstraße 7; Ausstellung bis 16.10. (Mo - Fr 12.00-19.00, Sa 12.00-18.00); der Bildband ist bei Edel:Momenti erschienen, 160 S, 150 Abb., 36,-