Hamburg. Das Schöne bei Bartók ist ja: Seine Werke sind zwar eng vernetzt und bis ins Detail durchgestylt - aber man merkt es nicht sofort. Sie sind keine Kopfgeburten, ganz im Gegenteil, sie wirken ausdrucksvoll, pulsierend und äußerst sinnlich. Erst recht mit einem Interpreten wie Frank Peter Zimmermann: Bei seinem Auftritt mit dem NDR Sinfonieorchester in der Laeiszhalle hatte der Geiger Bartóks zweites Violinkonzert unter den Fingern - und beseelte das Meisterwerk mit seinem herrlich warmen, leuchtkräftigen Ton. Im langsamen zweiten Satz entfachte er sanften Saitenzauber, packte aber auch immer wieder bissig zu, wie im feurigen Finale mit seinen knackigen Rhythmen und virtuos wirbelnden Läufen.

Selbst in den rasantesten Passagen spielte Zimmermann nicht einfach die Noten, sondern gestaltete und formte jeden Ton mit einer schier unerschöpflichen Palette an Klangschattierungen. Ein großer Musiker, der schon seit fast drei Jahrzehnten auf dem allerhöchsten Niveau streicht. Dagegen sehen so manche der hochgehypten Geigen-Girls wie blasse Anfängerinnen aus. Bis kurz vor dem Ende blieb es ein dichtes Konzert mit einem ungewöhnlich spannenden Programm. Dann gab's noch Schuberts "Unvollendete" - und die hinterließ, wenigstens stellenweise, einen eher zwiespältigen Eindruck. Vor allem, weil Morlot den Dreierrhythmus des ersten Satzes so weit voraus schlug, dass es einen beim Zuhören ganz hibbelig machte. Am Ende hatte er sicher etliche Takte mehr geschafft als das Orchester. Wollte er das so? Oder sollte das Tempo eigentlich flüssiger sein? Erstaunlicherweise funktionierte das Zusammenspiel trotzdem. In der Kunst bleibt eben vieles unter der Oberfläche verborgen. Nicht nur bei Bartók.