Die Pianistin Hélène Grimaud entfaltete in der Laeiszhalle orchestrale Tonfülle

Hamburg. Hélène Grimaud ist eine Romantikerin mit Haut und Haaren. Aber nicht im Sinne von Mondschein und Händchenhalten auf der Parkbank: Die feingliederige französische Flügelstürmerin fühlt sich vielmehr zu den nachtschattigen Seiten und finsteren Abgründen der Musik hingezogen, von denen es etwa in Liszts h-moll-Sonate so einige zu ergründen gibt. Ihre spannungsvolle Interpretation machte das halbstündige Tastendrama zum Höhepunkt des Laeiszhallen-Auftritts: Mit gesenktem Kopf grub sich Grimaud in die düster brütende Atmosphäre hinein, um sie immer wieder zu einem hitzigen Brodeln zu verdichten, das sich in mächtig aufschießenden Akkordkaskaden entlädt. Dabei entfaltete die zierliche Pianistin eine orchestrale Tonfülle, als wären ihr mächtige Pranken gewachsen, und zugleich modellierte sie die kantigen Konturen der Klanglandschaften mit klarem Blick.

Dieser zwingende Zugriff formte hier ein packendes Erlebnis, hätte jedoch in anderen Passagen eine Spur lockerer sein dürfen: Mozarts a-moll-Sonate blieb wenig Luft zum Atmen, und auch das Berg'sche Sonatenkonzentrat wirkte leicht überspannt. Erst mit den zauberhaften Farben von Bartóks rumänischen Volkstänzen ließ Grimaud am Ende des dichten Programms ein helleres Licht durchschimmern. (Stä)