Bernd Buchholz gratuliert Gerd Schulte-Hillen zum 70. Geburtstag

Hamburg. Von meinem heutigen Schreibtisch aus führte einer der erfolgreichsten Verleger lange Jahre Regie: Gerd Schulte-Hillen. Vieles von ihm ist wohlbekannt, vieles aber wussten nicht einmal seine Kollegen im Vorstand. Ich aber hatte als sein ehemaliger Assistent das Privileg, das eine oder andere hautnah mitzubekommen.

Auf die Frage, was ihn antreibt, hat er einmal in einem Gespräch mit der Journalistin und langjährige Abendblatt-Mitarbeiterin Heike Gätjen eine knappe Antwort gefunden: "Man möchte eine Spur hinterlassen."

Die Spur, die Gerd Schulte-Hillen, der heute seinen 70. Geburtstag feiert, hinterlassen hat, ist breit und tief. Unter den Verlegerpersönlichkeiten, die die bundesdeutsche Presselandschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägten, war er einer der Großen: Ökonomisch wie publizistisch ungemein erfolgreich, voller Emotion für seine Blätter, geradlinig und mit jener Prise Streitlust ausgestattet, ohne die es in einem Betrieb, in dem Geist und Geld ständig miteinander um den besten Weg ringen, nicht geht.

Als er 1981 den Vorstandsvorsitz des zum Bertelsmann-Konzern gehörenden Verlages Gruner + Jahr übernahm, gab das Hamburger Medienhaus 13 Magazine im Inland und acht im Ausland heraus. Als er im Jahr 2000 das Unternehmen seinem Nachfolger übergab, waren daraus 34 Titel im Inland und 50 im Ausland geworden. Er hatte den Umsatz vervierfacht, den Jahresüberschuss verzehnfacht. Unter seiner Führung war das Verlagshaus Gruner + Jahr zum größten Zeitschriftenverlag Europas geworden - und zum größten Frauenzeitschriftenverlag der Welt. Auch für den Medienstandort Hamburg eine stolz machende Entwicklung.

Der Mann, den der US-Verleger Robert Murdoch nach einer nicht erfolgreich verlaufenen Verhandlung einmal halb bewundernd, halb schmähend als "fucking cowboy" bezeichnet hatte, war einer von jenen "high potentials" gewesen, die in den 60er-Jahren bei Bertelsmann in Gütersloh angeheuert hatten und das westfälische Unternehmen dann in die Weltliga der Medienunternehmen führten.

Als Schulte-Hillen schließlich den Vorstandsvorsitz übernahm, ging ihm der Ruf eines zwar umgänglichen, aber doch knallharten Kostenmanagers voraus. Aber in Hamburg lernte er, dass "die Arbeit in einem kreativen Umfeld etwas anderes ist als irgendeine andere Produktion". Er fand Gefallen an den renitenten "Pressbengels" (Bismarck), an den großen Emotionen, den turbulenten Szenen, den verrückten Eigenarten, die in den Redaktionen des Verlags auf ihn warteten.

Der einstige "Drucker" hatte in den Jahren als Verleger ein Faible für die Medienwelt entwickelt, der Journalismus faszinierte den meinungsstarken, liberalen Manager. "Das Herz des Hauses sind die Redaktionen", betonte er, und Journalisten seien "die Quelle unseres Reichtums".

Er stellte sich, wenn nötig, vor seine Journalisten. So verteidigte er beispielsweise den "Stern", als dieser im Herbst 1982 in der großen Auseinandersetzung um den Nato-Doppelbeschluss einen kritischen Bericht über die "Atomrampe Deutschland" brachte, gegen die Kritik aus den Reihen der Eigentümer und ließ sich auch durch heftige interne Anwürfe, zum Beispiel vom damaligen Bertelsmann-Gesellschafter Gerd Bucerius ("Sie sind schuld am Untergang Deutschlands!"), nicht beirren.

Und ebenso sah er die Wirtschaftlichkeit - die Rendite eines Medienunternehmens, die in der Diskussion über die gesellschaftliche Rolle der Medien schon gerne einmal in den Hintergrund gedrängt wird - als unbedingte Voraussetzung für publizistische Freiheit und Unabhängigkeit.

Unvergessen sind die Momente, die ihn als Mensch greifbar machen. Den Schalk im Nacken, ließ er schon mal absichtlich das Licht an seinem Schreibtisch brennen, wenn er nach Hause ging. Für viele Führungskräfte im Haus war das Anlass, bis tief in die Nacht weiter zu arbeiten, brannte doch das Licht in seinem Büro bis zum Anrücken der Putzkolonne in den frühen Morgenstunden.

Legendär ist auch seine Ansage bei stockenden Verhandlungen: "Wir machen jetzt mal eine Pause." Seine selbst gekochten Spaghetti und der reichlich fließende spanische Rotwein führten dann meist doch noch zu einem guten Verhandlungsergebnis. Er verlangte seinem engsten Team immer alles ab, er bedankte sich dafür aber mit väterlicher Fürsorge: Sein Rat war stets "Gold wert".