Das Bayerische Staatsorchester und Kent Nagano mit Werken von Strauss und Bruckner

Hamburg. Kann man ein Stück mit einem Übermaß an Wohlwollen zu schön spielen, zu freundlich, zu sensibel? Dieses verwundert und leicht skeptisch zurücklassende Kunststück vollbrachte Kent Nagano am Freitag mit Strauss' altersverklärten, tief melancholischen "Metamorphosen".

Beim Laeiszhallen-Gastspiel des Bayerischen Staatsorchesters mit seinem 2013 scheidenden Generalmusikdirektor verpackten die 23 Streicher-Solisten den zartbitteren Abschied des greisen Richard Strauss in einen watteweichen Wohlklang, der - fraglos schön, doch auch fragenlos - an der Sepia-Oberfläche blieb. Am Ende blieb vor allem der Eindruck, eine groß angelegte, zügig vollzogene Synchron-Etüde mit Sicherheitsabstand erlebt zu haben. Aber keinen erschütterten Schwanengesang eines Künstlers, der die vom Zweiten Weltkrieg zerstörte Welt, die nicht mehr die seine ist, nicht mehr versteht und dennoch im Gedanken an klassische Schönheit seine Würde zu bewahren versucht.

Die Disziplin und die wirkungsvolle Dezenz, die zunächst falsch am Platz waren, kamen nach der Pause bei Bruckners Siebenter um so beeindruckender zum Einsatz. Naganos Bruckner-Perspektive war versöhnlich, höflich und ganz und gar auf harmonischen Konsens angelegt. Scharfe Kanten wurden geglättet, die für diesen Spätromantiker so typischen Brüche und Zäsuren abgemildert.

Zusammen mit der exquisiten Konsens-Pracht seines Orchesters, das sich in der Laeiszhallen-Akustik (kein Vergleich zur chronischen Münchner Konzertsaalmisere) hörbar wohlfühlte, ergab das eine Interpretation, die den vermeintlich bekannten Eigenbrötler Bruckner mit einem interessanten Weichzeichner versah - ein Blickwinkel, der seiner Musik geradezu gefällige Züge verlieh.

Der Streicherklang war seidig, dicht und elegant zugleich; das Holz mischte sich bestens in die Balance ein; die Blechbläser produzierten strahlende Lautstärke, ohne konkret und eindeutig laut zu werden. Ein Luxus, den nur wenige Orchester mit solcher Selbstverständlichkeit bieten. Tosender, verdienter Beifall. Und man kann schon verstehen, dass viele in der Musikstadt München betrübt sind, einen derart um anmutigen Kontakt mit der Kunst bemühten Maestro gehen zu sehen.