Mit der Schließung des Altonaer Museums verliert Hamburg auch einen Teil seiner historischen Identität. Ein Nachruf

Hamburg. Wenn ein mehr als 100 Jahre altes Museum schließt, geht ein Stück Geschichte verloren. Das Altonaer Museum, das jetzt den aktuellen Sparzwängen geopfert wird, beherbergt eine bedeutende, in vielen Jahrzehnten gewachsene kunst- und kulturhistorische Sammlung. Mit dem Verschwinden der 1901 gegründeten Institution verliert Hamburg auch einen Teil seiner kulturellen und historischen Identität. Das ursprünglich dänische und später preußische Altona gehört erst seit 1937 zu Hamburg. Das Symbol der lange Zeit eigenständigen Geschichte ist das Altonaer Museum, das mit Ausstellungen immer wieder daran erinnert hat.

Als das 450 000 Goldmark teure Museum 1901 eröffnet wurde, waren die Besucher verblüfft, denn Gründungsdirektor Otto Lehmann hatte einen neuen Museumstypus entwickelt, in dem es vor allem darum ging, die Themen anschaulich und in Zusammenhängen zu präsentieren. Ursprünglich verfügte das in einem repräsentativen Neorenaissancegebäude untergebrachte Museum über eine botanisch/zoologische und eine geologische Abteilung sowie eine Sammlung mit Bauten und Gebrauchsgegenständen aus Altona und Schleswig-Holstein. Hinzu kamen historische Bauernstuben, Trachten sowie Abteilungen zur Fischerei und zum Schiffbau.

Mit dieser Konzeption traf Otto Lehmann offenbar den Nerv seiner Zeit. Die Besucherzahlen stiegen sprunghaft an, sodass die Ausstellungsfläche 1914 sogar verdoppelt wurde.

Eine große konzeptionelle Veränderung gab es erst in den 1970er-Jahren, als das Museum seine naturkundlichen Bestände an die Uni sowie die vor- und frühgeschichtliche Abteilung ans Helms-Museum abtreten musste.

Ein Schicksalstag war der 30. Mai 1980, an dem große Teile des Museums durch einen verheerenden Brand zerstört wurden. Insgesamt stellte der Senat 20 Millionen Mark für den Wiederaufbau des Gebäudes und die erneute Aufstellung der Sammlung zur Verfügung. Nach der Vollendung des Wiederaufbaus, der ganz dem Zeitgeschmack der 80er-Jahre entsprach, hatte das Museum durch die Einbeziehung der 1928 von Gustav Oelsner gleich nebenan erbauten Uhrmacher-Fachschule sogar Platz dazugewonnen.

Beim Publikum punktete das Altonaer Museum mit seinen großen Weihnachtsausstellungen, aber auch mit anspruchsvollen Ausstellungsprojekten, wie zum Beispiel zu dem dänischen Klassizisten C. F. Hansen im Jahr 2000. In den letzten Jahren fuhr die Kulturbehörde einen geradezu irrationalen Zickzackkurs: 2004 wurde die Direktorin Bärbel Hedinger beauftragt, ein neues Entwicklungskonzept zu erarbeiten, das 2008 aufgegeben wurde, weil Altona nun in der Stiftung Historische Museen aufgehen musste. Einerseits begann man ein millionenschweres Sanierungsprogramm, andererseits gab es kaum noch Mittel für größere Projekte. Erst am 19. November 2009 wurde das für drei Millionen Euro komplett erneuerte, anspruchsvoll gestaltete Foyer eingeweiht. Museumsdirektor Torkild Hinrichsen sagte damals: "Dieser erste Baustein ist ein Zeichen der Hoffnung auf das, was noch kommen mag." Was kam, war die Schließung.