Vom Hamburger Kulturpublikum heißt es - aus informierter Künstlerquelle -, dass es ungern Beifall spende, schließlich habe es ja bezahlt. Ich kontere, dass die Applausregeln der sogenannten höheren Kultur es schwer machen, so richtig auszurasten und dem Interpreten das Trinkgeld der Seele um die Ohren zu klatschen: Bei klassischen Konzerten etwa wird so lange - höflich - geklatscht, bis das Orchester sitzt, dann noch mal - dezent - für den Dirigenten; und dann wohlerzogen gewartet, bis alle Sätze der Sinfonie durch sind (das Räuspern ist zwischen die Sätze zu verlegen). Sofern man weiß, wo sie aufhört, um nicht als Einziger in eine Kunstpause hineinzupatschen (wie bei Haydns 90. Böse Klatschfalle)!

Man muss die Hände unten lassen, auch wenn das Flötensolo der Hammer ist - ein Stillhalteabkommen, das Jazzmusiker banausenhaft finden, Ballett-Solisten kränkt und nach Opernarien mal so oder anders gehandhabt wird. Nicht mal Feuerzeuge darf man schwenken, auch wenn Brahms das Herzchen schönstens weht. Pfeifen, Johlen und Trampeln nach dem Finale wird im Musical goutiert, im klassischen Konzert nicht so gern, in der Oper nur bei Premieren. Oder so. Wer Bescheid weiß, ist Kenner, wer danebenklatscht, Außenseiter; die Blicke der Eingeweihten bei der Klatschpanne haben Erstbesucher schon oft verschreckt.

Die Quelle begründet die Jubelusancen so: Es sei gerade die Stille des Publikums, die eine weihevolle Atmosphäre herstelle - wie in der Kirche. Ach. Aber sich dann Ovationen wünschen wie nach der Landung auf Fuerteventura?!

Nee, sagt die Quelle, aber die La Ola, so in der Laeiszhalle, das hätte mal was.

Classic goes Kiez (vielleicht mit La Ola): Ludwig van Beethoven, Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93, interpretiert vom jungen Orchesterkollektiv Spira mirabilis, So 3.10., 20.00, Docks (U St. Pauli), Spielbudenplatz 19, Karten zu 25,- unter T. 35 76 66 66; www.elbphilharmonie.de