Vor 40 Jahren starb der Gitarrenrevolutionär Jimi Hendrix. Bei seinem sagenumwobenen Auftritt in Hamburg 1967 war er noch ein Newcomer.

Hamburg. Wenn es um die Gitarrenkunst des Jimi Hendrix geht, reicht kaum ein Superlativ, um die Größe und die einzigartige Stellung des Musikers aus Seattle zu benennen: Visionär, Schamane, Prophet, Revolutionär, Wesen von einem anderen Planeten - oder gleich Gott. Nicht zuletzt durch seinen frühen Tod ist der Afroamerikaner mit der indianischen Großmutter zu einem Mythos geworden. Zu außergewöhnlich war sein Gitarrenspiel, nie zuvor hatte es jemanden gegeben, der seinem Instrument Töne entlockte wie der Linkshänder. Hendrix spielte sie mit den Zähnen und hinter seinem Rücken, er ritt auf seiner Gitarre oder ließ sie Salti schlagen. Beim Monterey Festival 1967 setzte er sie gar in Brand, so, als wolle er sein Heiligstes opfern.

Wenn Musikmagazine darüber nachdenken, wer die bedeutendsten Gitarristen aller Zeiten waren, geht es nur um die Plätze 2 bis 100. Der erste Platz ist immer schon für Hendrix reserviert. Doch so expressiv seine Shows waren, so zurückhaltend war Hendrix im persönlichen Umgang. Klaus Wellershaus, lange Jahre Musikredakteur beim NDR, beschreibt Hendrix als "schüchtern, freundlich, geduldig". Wellershaus hatte Ostern 1967 beruflich mit dem Rockgitarristen zu tun, denn Hendrix trat damals im Funkhaus an der Rothenbaumchaussee auf. Der NDR hatte Hendrix und seine Band eingeladen, live vor etwa 150 Zuhörern im "Twen-Club" zu spielen, einer öffentlichen Tanzveranstaltung, die um 17 Uhr losging.

Wellershaus erinnert sich: "Die Band kam im Taxi zum Funkhaus und hatte ihr ganzes Equipment dabei: Schlagzeug, zwei Verstärker, Bass und Gitarre. Beim Soundcheck fiepte es, jede Menge Rückkoppelungen dröhnten aus dem Gitarrenverstärker. Ein Tonmeister kam und erklärte Hendrix, dass sein Verstärker zu laut sei. Hendrix hörte geduldig zu, doch als das Konzert losging, haute er wieder voll drauf." Drei Tage lang blieb Hendrix damals in Hamburg zu Gast. Vom 17. bis zum 19. März war die Jimi Hendrix Experience für den Star-Club gebucht worden, wo sie insgesamt fünf Auftritte hatte. Zum Zeitpunkt seiner ersten Hamburger Konzerte war der begnadete Gitarrist noch ein Newcomer. Die erste Single "Hey Joe" war bereits ein Hit, die zweite "Purple Haze" erschien am 17. März.

Fast zwei Jahre vergingen, bis die Jimi Hendrix Experience wieder nach Hamburg kam, diesmal im Rahmen einer längeren Europatournee, die im Januar 1969 in Stockholm begonnen hatte. Inzwischen hatte Hendrix mit "Are You Experienced?", "Axis: Bold As Love" und dem Doppelalbum "Electric Ladyland" drei Platten veröffentlicht, die ihn zu einem der Superstars der damals geradezu explodierenden Rockmusikszene gemacht hatten. Aus seinem Umfeld wurde jedoch auch berichtet, dass Hendrix immer maßloser im Umgang mit Drogen wurde - nicht nur mit Haschisch, sondern auch mit LSD und Heroin. Entsprechend unterschiedlich fielen auch seine Konzerte aus, nicht jeder Auftritt war ein Glanzlicht. Die beiden Hamburger Shows zählten jedoch zu den qualitativ besseren dieser Tournee.

Ein weiteres Mal noch sollte Hendrix in die Hansestadt kommen, diesmal allerdings nur als Reisender. Nach dem Auftritt beim Fehmarn-Festival am 6. September 1970, dem letzten seiner kurzen Karriere, brachte ihn ein Hubschrauber von der Ostseeinsel zum Flughafen Fuhlsbüttel, von dort aus flog er weiter nach London. Zwölf Tage später, am 18. September 1970, starb Hendrix im Alter von nur 27 Jahren in einem Londoner Hotel. Erstickt an seinem eigenen Erbrochenen und voll mit Alkohol und Schlaftabletten. Doch die heulenden Rückkoppelungen seiner Gitarre und die Leidenschaft seines Spiels leben weiter. In den Erinnerungen derjenigen, die ihn auf der Bühne erlebt haben, auf seinen Platten, in den Filmdokumentationen.

Jimi Hendrix Do 16.9., 21.50 Uhr, Arte