Klaus Theweleit verhunzt den Claude-Lanzmann-Abend in der Fischauktionshalle

Hamburg. Am Ende konnte auch Festivalmacher Nikolaus Hansen nicht helfen, er steckte dem Kulturtheoretiker Klaus Theweleit einen Zettel zu. Ein kleiner Hinweis an Theweleit, er möge doch auch mal Fragen an Claude Lanzmann formulieren, jetzt, wo der schon extra aus Paris zum Harbour-Front-Festival angereist war, um seine eindrucksvollen Memoiren ("Der patagonische Hase", Rowohlt) vorzustellen.

Bis dahin war die Lesung vor über 500 Zuhörern in der Fischauktionshalle schon auf für alle peinvolle Weise aus dem Ruder gelaufen. Theweleit, der so kluge wie belesene Denker aus Freiburg, saß als Moderator und Gesprächspartner des großen französischen Intellektuellen auf der Bühne. Aber er musste seine Aufgabe falsch verstanden haben. Er behelligte das erstaunte Publikum, besonders aber Lanzmann selbst mit seinen Deutungen von dessen Lebensgeschichte. Die klangen ganz interessant; etwa im Hinblick auf Theweleits These, dass Lanzmann, der Skifahrer, Taucher, Pilot, sich in ausgefallenen Freizeitbeschäftigungen die körperliche Präsenz holen musste, die er dann in seinem Riesenwerk "Shoah" einsetzte. Lanzmann, der Passagen seines Buchs auf Französisch las, hatte freilich überhaupt keine Lust auf Theweleits Gedankengänge und reagierte bockig ("Bravo! Er hat das Buch verstanden"), ohne Theweleit aus seiner Moderationsverlegenheit zu helfen. Der brachte es fertig, in der mehr als anderthalbstündigen Veranstaltung gefühlt nicht eine Frage zu stellen, die der sendungsbewusste Lanzmann sicher gerne beantwortet hätte. Das Publikum verdross es. Im Frühjahr noch hatten Theweleit und Lanzmann schon mal auf einem Podium gesessen: Damals ohne aneinander vorbeizureden.